Ingo Schulze: "Peter Holtz"

Ein Schelm wird wider Willen Millionär

Der Schriftsteller Ingo Schulze
Ingo Schulze: "Unter bestimmten Verhältnissen richtet sich Geld gegen die Menschen." © imago/Galuschka
Ingo Schulze im Gespräch mit Joachim Scholl · 11.10.2017
Ingo Schulze sieht sein Buch "Peter Holtz – Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst" in der Tradition des Schelmenromans. Sein Held ist zu DDR-Zeiten Maurer. Nach der Wende erwacht er plötzlich als Immobilien-Millionär. "Unter bestimmten Verhältnissen richte sich Geld gegen die Menschen", so der Schriftsteller.
Die Handlung von "Peter Holtz - Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst" beginnt 1972 in einem Kinderheim in der DDR. Er wird in dem humoristischen Roman adoptiert und wächst als überzeugter Kommunist auf, der sich sogar von der Staatssicherheit anheuern lässt, die aber schnell die Finger von ihm lässt. Weil er Maurer ist, überlassen ihm Leute ihre Privathäuser, weil sie zu DDR-Zeiten wenig Mieteinnahmen haben. Nach der Wende kommt er damit für ihn selbst überraschend zu Reichtum. "Peter Holtz versucht stets das Gute für alle zu tun", erklärt Schulze bei der Live-Sendung von der Frankfurter Buchmesse, "und merkt, dass das von seiner Umwelt mit sehr viel weniger Enthusiasmus betrieben wird als von ihm selbst."

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DDR als Folie für das Heute

Die DDR habe ihn "als Folie für das Heute" gereizt, sagt Ingo Schulze, der 1962 in Dresden geboren wurde. Er habe noch einmal über das Land nachdenken wollen, auch über das utopische Potenzial, das unter den Verkrustungen lagerte, was im Herbst '89 und den Monaten danach deutlich geworden sei. Dafür sei ihm der Schelmenroman als passende literarische Form erschienen. Daran habe er zeigen wollen, dass die Selbstverständlichkeiten unseres Alltags nicht selbstverständlich sind und dies anhand seiner Figur zeigen wollen. Als Vorbilder nennt er zum Beispiel "Die Blechtrommel" von Günter Grass und dessen Helden Oskar Matzerath, "Don Quichotte" oder "Simplicius Simplicissimus".

Geld verbrennen

Peter Holtz verschenkt sein neu erworbenes Geld an Freunde, doch sein Wunsch, Gutes zu tun, verkehrt sich oft ins Gegenteil. Um einer Prostituierten zu helfen, gründet er aus Versehen ein Bordell. Geld richte sich "unter bestimmten Verhältnissen gegen die Menschen", erklärt Ingo Schulze. Nach einer öffentlichen Verbrennung von 1000-Mark-Scheinen endet Peter Holtz dort, wo der Roman beginnt: in einer geschlossenen Einrichtung. Seine Botschaft lautet: "Geld macht alles kaputt", so der Schriftsteller.
(cosa)
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