Ingo Schulze / Hanna Zeckau: "Die Kuh Ute"

Purzelbäume und Pirouetten

04:59 Minuten
Von Sylvia Schwab · 13.07.2021
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Im Mittelpunkt von Ingo Schulzes erstem Kinderbuch steht eine Kuh. Wäre diese doch bloß im Stall geblieben: Die Geschichte ist leider sehr konventionell geraten. Die Illustrationen sind allerdings ein Hingucker.
Viele bekannte Autorinnen und Autoren, die sonst eigentlich Bücher für Erwachsene schreiben, haben irgendwann auch für Kinder geschrieben - und ihr Können damit neu unter Beweis gestellt. Gerade Ingo Schulze hätte man eine gute Kindergeschichte zugetraut. Doch seine "Kuh Ute" ist weder besonders spannend noch besonders originell, sondern konventionell und uninspiriert. Enttäuschend!

Anders als ihre Artgenossinnen

Die Kuh Ute war schon immer anders als ihre Artgenossinnen. Sie hat viel Fantasie und noch mehr Träume, und als ein Wanderzirkus ins Dorf kommt, möchte sie mit ihm ziehen. Doch die Direktorin engagiert nur exotische Tiere, und so trainiert Ute Purzelbäume und Pirouetten.
Mit viel Glück ergattert sie schließlich einen Vertrag bei einem berühmten Tier-Manager, der sie bis zur Erschöpfung trimmt. Und mit noch mehr Glück schafft sie es, seinen Fängen wieder zu entkommen und zu Hause ein Star zu werden. Das alles hätte Ute nicht ohne ihre beste Freundin geschafft, dem Mädchen Franziska.
Es geht also um eine Freundschaft, in der trotz großer Unterschiede Zuneigung und Vertrauen herrschen. Die beiden unterstützen sich - auch dann, wenn sie nicht einer Meinung sind. Außerdem ist dieses Bilderbuch - ohne Zeigefinger, aber mit spürbarem Impetus - ein Plädoyer für die Einsicht in die eigenen Grenzen. Und in die eigenen Fähigkeiten.

Träume leben und Freundschaft pflegen

So weit, so bekannt. Klar, Kinderliteratur soll die Stärken der kleinen Leserinnen und Leser fördern und sie in ihrer psychischen Entwicklung unterstützen. Doch sie sollte Kinder auch nicht unterschätzen und darf bekannte Erzählmuster gerne gegen den Strich bürsten.
Was gute Kinderliteratur auszeichnet, ist Witz und Pfiffigkeit, Charme und Kreativität. Inge Schulze dagegen erzählt mitunter betulich eine allzu bekannte Geschichte. Sie ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht.
Gerade Kühe, die ja eher für Behäbigkeit stehen, können in Bilderbüchern außerordentlich unterhaltend sein. Alexander Steffensmeiers Kuh Lieselotte oder Siegfried Lenz‘ "Marvella" sind gute Beispiele.

Wirbelig-witzige Illustrationen

Schulzes Geschichte dagegen kommt eher altbacken daher. Dass "Die Kuh Ute" trotzdem Kindern Spaß machen kann, hängt mit den Bildern von Hanna Zeckau zusammen. Mal turbulent, dann wieder zart setzt sie der konventionellen Geschichte fröhliche Schlaglichter entgegen, entwirft wirbelig-witzige Szenen oder kleine Idyllen.
Die Illustratorin schwelgt in Farben und kuriosen Perspektiven. Humor und Poesie, dynamischer Schwung und entspannte Ruhe ergänzen sich perfekt.
Es ist verständlich, dass ein anspruchsvoller Bilderbuchverlag bei einem namhaften Autor mal ein Auge zudrückt. Ingo Schulze ist sicher ein gutes Zugpferd. Sein Kinderbuch ist es leider nicht.

Ingo Schulze / Hanna Zeckau: "Die Kuh Ute"
Tulipan / München 2021
40 Seiten, 15 Euro
ab 4 Jahren

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