Freitag, 29. März 2024

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Eon kauft Innogy
"Da entsteht jetzt kein Gigant"

Durch den Zusammenschluss von Eon und Innogy entstehe kein Monopolkonzern für erneuerbare Energien, sagte Claudia Kemfert im Dlf. Für den Verbraucher seien durch den Deal auch keine steigenden Strompreise zu befürchten, so die Ökonomin. Abgesehen davon müsse das Verfahren noch kartellrechtlich geprüft werden.

Claudia Kemfert im Gespräch mit Georg Ehring | 12.03.2018
    12.03.2018, Nordrhein-Westfalen, Essen: Eine Ladestation für Elektroautos von Innogy steht vor der Zentrale von RWE
    "Man wird sehen, ob RWE Geschäftsmodelle findet, die für die Energiewende tatsächlich brauchbar sind": Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (picture alliance / Rolf Vennenbernd/dpa)
    Georg Ehring: "Aus Energie wird Innogy", heißt es in der Werbung. Gerade haben wir uns an den neuen Namen gewöhnt, da könnte er schon wieder verschwinden. Die bisherige RWE-Tochter Innogy soll aufgespalten werden. Netze und Endkunden gehen an den Rivalen Eon, RWE behält die Energieerzeugung und bekommt von Eon noch Windräder, Solaranlagen und Wasserkraftwerke dazu.
    Was heißt das für die Energiewende? Darüber spreche ich jetzt mit Claudia Kemfert. Sie kümmert sich beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung um das Thema. Guten Tag, Frau Kemfert.
    Claudia Kemfert: Guten Tag, Herr Ehring. Ich grüße Sie.
    Eons geringer Anteil an erneuerbaren Energien
    Ehring: Frau Kemfert, entsteht da ein Riese für erneuerbare Energien, der neuen Schwung in die Energiewende bringt?
    Kemfert: Nein, nicht wirklich. Wenn man sich die Zahlen anschaut, ist es ja so, dass Eon zwar durchaus einiges investiert hat in der Vergangenheit in den Bereich der erneuerbaren Energien, hier auch kluge Geschäftsmodelle entwickelt hat. Aber dennoch macht das eher einen kleinen Teil aus. Dieser wandert dann ja, wenn das alles klappt, zu RWE. Dort ist der Anteil von erneuerbaren Energien sehr gering mit drei Prozent. Da entsteht jetzt kein Gigant, sondern man wird eher sehen, ob RWE tatsächlich jetzt Geschäftsmodelle findet, die für die erneuerbaren Energien und für die Energiewende tatsächlich brauchbar sind.
    In der Vergangenheit hat man sich da sehr schwer getan bei diesem Konzern, sehr rückwärtsgewandt, immer sehr auf konventionelle Kraftwerke ausgerichtet, will jetzt sogar noch Kohlekraftwerke dazukaufen, eine völlige Fehlentscheidung, weil das wieder Stranded Investments sind. Da wird man mal sehen, ob tatsächlich in diesem Bereich der erneuerbaren Energien und der Energiewende was vorwärts geht.
    RWE mit Stärken im konventionellen Bereich
    Ehring: RWE könnte ja mit seiner größeren Basis an erneuerbaren Energien dann auch kraftvoll umschwenken. Aber das erwarten Sie demnach nicht?
    Kemfert: In der Vergangenheit zeigt sich einfach, dass RWE sich enorm schwer getan hat. Insofern war es ja auch konsequent zu sagen, wir spalten uns auf, die neuen Geschäftsmodelle machen den alten zu viel Konkurrenz. Das Argument gilt ja noch immer, das ist offensichtlich jetzt in Vergessenheit geraten. RWE selber hat seine Stärken darin, wirklich im konventionellen Bereich zu agieren, gerade Kohlekraftwerke und großteilige Projekte, die hier begleitet werden, und hat sich bisher sehr schwer getan mit den erneuerbaren Energien, mit der neuen Energiewende-Welt, mit den neuen Geschäftsmodellen, die dahinter stehen. Innogy selber hat das ja auch von Anfang an nicht wirklich umgesetzt und deswegen war es ja auch zum Scheitern verurteilt. Ob sich das jetzt tatsächlich ändert, das wage ich, ehrlich gesagt, etwas zu bezweifeln.
    Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Berlin, beim Willy-Brandt-Gespräch im Mai 2016.
    Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (Deutschlandradio)
    Ehring: Innogy hat ja heute Bilanzpressekonferenz und sagt noch gar nichts zu den Plänen. Was sagt das denn über das Vorhaben?
    Kemfert: Es ist offensichtlich noch geheim gewesen und man wollte das noch nicht so richtig an die Öffentlichkeit bringen. Das hat sich jetzt ja geändert und Innogy selber muss jetzt sehen, wie es sich weiterhin präsentiert. Und dieses Verfahren muss ja auch erst mal kartellrechtlich geprüft werden. Es wird ja noch weitere Schritte geben. Die Aufsichtsräte müssen zustimmen. Man weiß noch nicht, ob das tatsächlich so umgesetzt wird, und ich glaube, dass Innogy selber jetzt auch gucken muss, dass da nicht zu viel Unruhe entsteht.
    Ausreichend Wettbewerb
    Ehring: Zwei Energieriesen spezialisieren sich, der eine auf die Endkunden und auf die Netze, der andere auf die Energieerzeuger. Das heißt ja, dass es im Grunde einen Wettbewerber weniger gibt. Was hat das denn für die Kunden zu bedeuten?
    Kemfert: Ich sehe hier nicht unmittelbare Gefahr auf steigende Strompreise, weil einerseits hier der Wettbewerb in der Tat da ist. Es gibt sehr viele Anbieter, es gibt auch genügend Möglichkeiten für Stromkunden zu wechseln. Andererseits ist es so, dass der Bereich, wo es vielleicht eine Marktkonzentration geben wird, bei Eon sein wird im Bereich der Netze, und dieser Bereich ist reguliert - schlecht reguliert, aber er ist reguliert. Aber diese Traumrenditen führen ja zu diesen überhöhten Netzentgelten. Deswegen steigen die Strompreise ja andauernd.
    Aber da müsste man dann wirklich weiterhin auch klug regulieren und hier die Preissteigerungen im Zaum halten. Dann dürften sich die Strompreise gar nicht so stark nach oben bewegen, die ja ohnehin auf einem sehr hohen Niveau sind, weil sie künstlich belastet sind durch alle möglichen Abgaben, Kohle-Abwrackprämien und diese überhöhten Netzentgelte. Da ist man schon auf einem sehr hohen Niveau. Da erwarte ich jetzt nicht, dass sich das durch diese Veränderung tatsächlich nach oben bewegen wird.
    Marktbeherrschende Stellung im Bereich der Energienetze?
    Ehring: Glauben Sie denn, dass es so kommen wird, oder machen die Kartellbehörden doch noch einen Strich durch die Rechnung?
    Kemfert: Das ist jetzt die große Frage, wie das bewertet wird. Gerade im Bereich der Netze muss man schauen, ob es da nicht zu einer marktbeherrschenden Stellung kommen kann. Im Bereich der Erzeugung sehe ich es eher weniger, weil der Ökostromanteil nicht so groß ist, dass es hier tatsächlich zu einer Marktkonzentration kommt. RWE selber ist ja eher auf das konventionelle Energiegeschäft spezialisiert, welches ja im Zuge der Energiewende immer mehr zurückgehen wird. Das wird man alles bewerten, und ob das Kartellamt jetzt den Bereich der Netze kritisch sieht, das wird man sehen.
    Ehring: Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung war das. Herzlichen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.