"Immer größer, immer kommerzieller"

Den Zuschlag für Olympia 2018 in München will Bewerbungsgegner Axel Döring unbedingt verhindern.
Den Zuschlag für Olympia 2018 in München will Bewerbungsgegner Axel Döring unbedingt verhindern. © Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH
Axel Doering im Gespräch mit Ute Welty · 09.11.2010
Weil die Landschaftszerstörung irreparabel ist und "das IOC eine äußerst unfreundliche Organisation", kämpft Förster Axel Doering erbittert gegen die Winterspiele 2018 in München und den Bayerischen Alpen: "Wir arbeiten da bis zum letzten Tag, dass Garmisch-Partenkirchen dieser Kelch der Olympischen Spiele erspart bleibt."
Ute Welty: Es könnte ein absolutes Novum sein in der Olympiageschichte. Sollte München für die Winterspiele 2018 ausgewählt werden, dann wäre es das erste Mal, dass in einer Stadt sowohl Sommer- als auch Winterspiele stattfinden. Die Entscheidung fällt Mitte nächsten Jahres und bis dahin ist Axel Doering im Dauerstress, denn der Förster aus Garmisch will die Spiele in München, im Berchtesgadener Land und eben Garmisch-Partenkirchen um jeden Preis verhindern. Guten Morgen, Herr Doering!

Axel Doering: Guten Morgen, Frau Welty!

Welty: Sie haben bereits gegen die Bewerbung von Berchtesgaden für die Spiele von '92 protestiert, jetzt also gegen die von München und Umgebung. Sie sprechen von der olympischen Gefahr, die immer wieder drohe. Das klingt fast so, als ob Sie als Kind eine ganz, ganz schlechte Wintersporterfahrung gemacht haben?

Doering: Nein, ganz im Gegenteil! Ich habe Skifahren gelernt und ich habe gerne Ski gefahren. Wir sind die Berge hinaufgekrabbelt und wieder runtergefahren. Das war herrlich, in diesem natürlichen weißen Schnee in einem kalten Winter Ski zu fahren.

Welty: Woran liegt es denn dann?

Doering: Das liegt daran, dass die Olympischen Spiele immer größer, immer kommerzieller geworden sind und eigentlich immer unfreundlicher zu den Orten. Und wenn man sich jetzt anschaut, hier bei uns in Garmisch-Partenkirchen, was man vor hat in dem Ort, wenn man dazu nimmt die Erfahrungen der Orte, die bisher schon Olympische Spiele gehabt haben, dann kann man eigentlich nur sagen, diese Olympischen Spiele, diese Planungen die sind zu groß für unser Tal, sie brauchen zu viele Eingriffe, sie bringen ein großes Risiko von Verschuldungen und sie sind in jedem Fall für die Menschen, die hier wohnen, kein Glück.

Welty: Und was ist mit den Investitionen, die dann in München und Umgebung nicht getätigt werden? Das ist doch viel Geld, was in die Region fließen könnte und was jetzt eben unter Umständen verloren geht.

Doering: Wenn eine Investition keinen Sinn macht, dann ist es besser, man macht sie nicht. Das ist immer so, diese Verlockung mit dem Geld, mit Investitionen, ohne mal anzuschauen, was da investiert werden soll. Zum Beispiel in Schwaiganger, wo die Langlauf- und Biathlon-Loipen hin sollen, da will man 27 Millionen Euro investieren, um dort temporäre Anlagen zu bauen, die man danach wieder abreißt. Man zerstört da eine herrliche gewachsene eiszeitliche Landschaft, weil das ist nie wieder so herstellbar, wie das bisher ist.

Welty: Ist das, was Sie da unternehmen, nicht sehr egoistisch? Denn stattfinden werden die Olympischen Spiele ja auf jeden Fall, und wenn nicht in München, dann halt eben in Frankreich oder in Südkorea, und da müssen die Folgen ja dann auch ertragen werden?

Doering: Dann müssten wir in Deutschland alle die Atomkraftwerke lieben, weil man immer sagt, die sind sicherer und besser. Ich denke, man muss an dem Platz, an dem man ist, etwas tun. Ich kann nicht die Welt retten. Ich kann das hier für unser Tal, für das Loisachtal beurteilen, ob es gut oder schlecht ist. Ich kann das nicht für Annecy, ich kann das nicht für Pjöngjang. Hier kann ich es und hier sehe ich eben, was an Eingriffen geplant ist. Hier habe ich auch einen Erfahrungshorizont.

Ich habe hier die Skiweltmeisterschaften mitgemacht, ich sehe, was zunächst geplant ist, was dann daraus wird, was so eine Riesenveranstaltung für einen Druck auf die Menschen ausübt, dass die ihre Grundstücke hergeben, dass man völlig rücksichtslos zum Teil mit ihnen umgeht, dass man zum Teil rücksichtslos mit der Landschaft umgeht. Das weiß ich hier; in den anderen Orten weiß ich es nicht. Was ich allerdings weiß ist, dass das IOC eine äußerst unfreundliche Organisation ist und eine Vertragsgestaltung hat überall auf der Welt, wo sie diese Orte absolut mit einem sittenwidrigen Host-City-Vertrag knebeln und alle, alle Risiken auf die Bewerberorte abladen und selber sich alle, alle Rechte vorbehalten.

Welty: Welche Möglichkeiten haben Sie denn noch einzugreifen? Die notwendigen Abstimmungen sind doch alle mehr oder weniger gelaufen, oder?

Doering: Das ist richtig. Die sind gelaufen. Es geht aber darum, auch hier weiter im Tal zu informieren. Das IOC sieht es nicht gerne, dass keine so allzu große Akzeptanz da ist. Bei uns ist die Akzeptanz nicht so groß, wie sie immer behauptet wird. Wir haben also zwei Dinge, zunächst die Bewerbung zu verhindern - das ist nicht gelungen, das könnte vielleicht noch mit einem Bürgerbegehren gelingen, das steht aber noch etwas in den Sternen -, oder den Zuschlag zu verhindern. Wir arbeiten da bis zum letzten Tag, dass Garmisch-Partenkirchen dieser Kelch der Olympischen Spiele erspart bleibt.

Welty: Sind Sie eigentlich grundsätzlich jemand, der mit dem Kopf durch die Wand will, den auch eine Morddrohung nicht abschreckt, sondern der sich eher dadurch herausgefordert fühlt?

Doering: Weder das eine, noch das andere. Eine Morddrohung schreckt mich nicht so sehr, weil es irgendwo doch was Fiktives ist und doch irgendetwas ist, was man sich so nicht vorstellen kann. Ich denke, der Straßenverkehr ist gefährlich, es gibt viele gefährliche Dinge. Aber ich will auch nicht mit dem Kopf durch die Wand. Ich schaue mir die Dinge schon an, wo ich mich engagiere. Es ist ja immerhin viel, viel Arbeit und viel Zeit und viel Freizeit damit verbunden.

Welty: Axel Doering in Deutschlandradio Kultur. Der Förster will die Olympischen Spiele in München verhindern. Ich danke für Gespräch und für Zeit.

Doering: Danke schön!
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