Immaterielles Kulturerbe

Ist St. Pauli der richtige Kandidat?

Zahlreiche Menschen gehen am 24.11.2017 nahe der Reeperbahn im Hamburger Stadtteil St.Pauli über die Große Freiheit und den Beatlesplatz.
Passanten im Hamburger Stadtteil St. Pauli © Daniel Reinhardt / dpa
Günter Zint im Gespräch mit Timo Grampes · 13.06.2018
St.Pauli ein Immaterielles Kulturerbe? Der Fotograf und St.Pauli-Museum-Gründer Günter Zint unterstützt eine Kampagne dafür. Allerdings gibt es auch massive Kritik: Geht es um die Frage der Aufwertung des Kiezes?
Neben dem Weltkulturerbe boomt ein zweites UNESCO-Label – das des Immateriellen Kulturerbes, ein Erbe, das von menschlichem Wissen und Können getragen ist: Tänze, Bräuche, Handwerkskünste.
Eine Initiative will nun auch St. Pauli auf diese Liste bringen. Der Fotograf und Gründer des St. Pauli Museums, Günter Zint, unterstützt das Vorhaben.
Günter Zint sagt Kultur, Prostitution spiele keine große Rolle mehr – und spreche insofern auch nicht gegen den Status als Kulturerbe. Zint wagt gar die Aussage: "Herbertstraße ist tote Hose, da sind drei, vier Fenster besetzt am Tag, sonst nichts mehr."
Der Museumsgründer betont stattdessen, dass man sechs Theater habe, zwölf Live-Musikklubs, und einen Fußballclub, der in der ganzen Welt Fans haben und eine Brunnenbau-Initiative für Afrika unterstütze.

Toleranz und Weltoffenheit

"Wir wissen, dass die meisten Leute mit St. Pauli eben doch Toleranz und Weltoffenheit selbst definieren. Und das wollen wir eben stärken durch diese Anmeldung bei der UNESCO."
Zint ist optimistisch, seiner Wahrnehmung nach habe es bei der offiziellen Präsentation im Silbersack, einer Kiezkneipe, sehr viel mehr Befürworter gegeben als Kritiker. Und außerdem habe man starke Partner:
"Wir haben die evangelische Kirche dabei, wir haben die katholische Kirche dabei, wir haben die Tourismusbehörde dabei. Also, wir sind, glaube ich, gut aufgestellt, um das auch durchzubringen."
Die Kritik lautet, der Kulturerbe-Status könne allenfalls noch ein retrospektives Projekt sein, da St. Pauli ja nichts mehr darstelle außer einer Ballermann-Meile und einem Museum für Touristen. Eine Anwohnerin vermutet, der Stadtteil solle aufgewertet werden.

Aufwertung des Stadtteils

Zumindest gehören zu den Initiatoren der UNESCO-Kampagne auch so genannte Business Improvement Districts, Zusammenschlüsse von Grundeigentümer in einem Gebiet, die Geld zahlen, um ein Quartier aufzuwerten. Zint sieht darin aber kein Problem:
"Die machen nicht nur geschäftliche Sachen, sondern die werten den ganzen Stadtteil auch auf, indem sie da kreative und gute Ideen reinbringen."
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