Immaterielles Kulturerbe

Die hohe Kunst des Pizzabackens

Weltrekord: eine zwei Kilometer lange Pizza in Neapel
Weltrekord: eine zwei Kilometer lange Pizza in Neapel © picture alliance / dpa / Ciro Fusco
Von Jan-Christoph Kitzler · 07.12.2017
Was die Italiener schon lange wussten, ist nun offiziell: Pizza ist ein wertvolles Kulturgut. Die Unesco nahm die "Kunst des neapolitanischen Pizzabäckers" in die Liste des immateriellen Kulturerbes auf.
In Neapel wissen sie es natürlich schon lange, dass die Pizza ein Kunstwerk ist – und ihre Macher, die Pizzaioli echte Künstler, zumindest dürfen sich Pizzabäcker wie dieser jetzt so fühlen.
"Es gibt so viel Freude, so viel Glücklichsein, wegen dieser so einfachen Sache: mit Wasser, Salz, Mehl, Hefe, Tomaten, Knoblauch, Öl und Oregano, das isst man auf der ganzen Welt. Das ist unsere Volkstradition, und jetzt verteidigen wir auch die Pizza, made in Napoli, in der ganzen Welt."
Die Auszeichnung der UNESCO macht hörbar stolz. Man bekommt die Pizza in Neapel fast an jeder Ecke – und die besten Läden bieten ein eher karges Ambiente und nur wenige Sorten. Von einer Pizza Hawaii hält man hier nichts, wo doch eine Pizza Margherita, am besten mit Büffelmozzarella, schon als Luxusversion gilt.

Zu Ehren von Königin Margherita?

Neapolitaner erzählen gerne Geschichten, und natürlich gibt es auch eine Geschichte zur Entstehung der Pizza Margherita. Demnach hatte das italienische Königspaar, Umberto I. und seine Frau Margherita, im Sommer 1889 den Pizzabäcker Raffaele Esposito zu sich eingeladen, um sich etwas volksnah zu geben. Und Esposito erfand zu diesem Anlass und in nationalem Überschwang die Pizza in den Nationalfarben grün, weiß und rot, mit Basikum, Mozzarella und Tomatensauce. In der Pizzeria Brandi, wo Esposito wirkte, erinnert sich Enrico Pagnani, einer seiner Nachfolger, noch heute gerne daran:
"Königin Margherita fand diese Pizza sehr gut. Und hat ein Dokument erstellen lassen, das hier bei uns noch immer ausgestellt wird, und in dem das bestätigt wird. Und da hat Esposito, der ziemlich schlau war, beschlossen die Pizza ‚Margherita‘ zu nennen – zu Ehren der Königin."
Pizzabäcker in Neapel
Pizzabäcker in Neapel © picture alliance / Andreas Gebert
Die Geschichte wird inzwischen von einigen Historikern angezweifelt. Demnach war Esposito vor allem ein Marketing-Genie. Doch egal: neapolitanische Pizza, auch die berühmte Margherita, wird heute auf der ganzen Welt gegessen. Und wenn sie dann auch noch zum Weltkulturerbe wird, dann muss auch Italiens Kulturminister Dario Franceschini etwas sagen:
"Die Kunst des italienischen Pizzabäckers wird anerkannt. Da geht es um Können, um Handwerk, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Ein Stück italienischer Kultur in der Welt. Und so können wir auch allen sagen, dass die Pizza, ein inzwischen weltweites Gericht, in Neapel entstanden ist. Denn viele wissen das nicht."

Acht Jahre Verhandlungen

Das soll sich jetzt ändern. Acht Jahre internationale Verhandlungen hat es dafür gebraucht, betonen italienische Medien. Und im Museo di Capodimonte, oberhalb von Neapels Altstadt hat man vor lauter Freude noch einmal den Ofen angeheizt, in dem die erste Pizza gebacken worden sein soll. Wie immer mit Holzkohle, bei sehr hohen Temperaturen. Nach nur 60 bis 70 Sekunden ist das Kunstwerk fertig.
Stolz sind sie jetzt vor allem in Neapel und für alle Pizzabäcker in der Stadt – es soll tausende geben, aber so genau weiß das keiner – ist das ein großer Festtag:
"Die neapolitanische Pizza ist ein Grundrecht für alle. Und deshalb müssen wir neapolitanischen Pizzabäcker auch in der ganzen Welt anerkannt werden – guten Appetit."
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