"Im Gespräch" über Containerware

Das Geschäft mit den Altkleidern

Mit Graffiti bemalte Container für alte Kleidung in Nideggen, aufgenommen am 18.05.2013.
Circa 20 Prozent der gesammelten Altkleider muss gegen Geld entsorgt werden. © picture alliance / dpa / Horst Galuschka
Gäste: Thomas Ahlmann (Dachverband "FairWertung e.V") und Elisabeth Prantner (Modedesignerin) · 13.06.2015
Viele spenden ihre abgetragene Kleidung, um Bedürftigen damit zu helfen. Doch nur ein Bruchteil der Spenden landet tatsächlich bei ihnen. Was passiert wirklich mit den Tonnen von Textilien, die in den Containern landen? Darüber diskutieren wir "Im Gespräch".
Der Sommer ist da! Zeit, den Kleiderschrank auszumisten. Viele werden Kleidungsstücke aussortieren und in den Altkleidercontainer geben, immerhin kann man damit ja noch etwas Gutes tun. Aber stimmt das wirklich? Was passiert mit den 750.000 Tonnen Textilien, die jährlich in Deutschland in den Containern landen?
Welche Geschäfte werden mit den Altkleidern gemacht?
"Viele wünschen sich, dass Obdachlose die Sachen bekommen", ...
... sagt Thomas Ahlmann von FairWertung, dem Dachverband gemeinnütziger Sammler, die sich auf verbindliche und faire Standards verpflichtet haben.
"Aber die Erwartung, dass die Kleidung allein karitativen Organisationen zu Gute kommen, dass sie dort sortiert und weitergegeben werden, funktioniert so nicht. Erstens, weil die Menge viel zu groß ist: Wir haben weit mehr Altkleider, als in Deutschland gebraucht werden. Wenn man die Kleidersäcke, die jedes Jahr zusammenkommen, in LKW packte, wären das 47.000 – eine Schlange von Kiel bis München. Und zweitens geht nur ein Bruchteil an die hiesigen Bedürftigen – etwa 10 bis 12 Prozent, mehr nicht."
Verkauf nach Osteuropa und Afrika
Die Realität:
"Von der in die Sammelcontainer geworfenen Kleidung sind 30 bis 40 Prozent tragbar und können als Secondhand verkauft werden. Aus 40 bis 50 Prozent der Kleidung werden Dämmmaterialien und Putzlappen hergestellt und vom Sortierer an entsprechende Verwerter verkauft. Der Rest von circa 20 Prozent der Kleidung muss gegen Geld entsorgt werden."
Sprich: Sie werden verbrannt. Ein Teil der Secondhandware wird zudem nach Osteuropa und Afrika verkauft. Thomas Ahlmann rät, auf die Beschriftung der Container zu achten; immer mehr seien für den rein gewerblichen Handel bestimmt, viele würden illegal aufgestellt. Die Kleiderspenden seien längst ein begehrtes Wirtschaftsgut in einem komplexen und schwer durchschaubaren Markt geworden.
"Mit Mode die Welt verbessern" – so lautet das Motto von Elisabeth Prantner. Die Modedesignerin betreibt nicht nur das Berliner Label "Lisa D." Die Österreicherin hat auch das "Ver-Änderungs"- Atelier "Bis es mir vom Leibe fällt" gegründet. Der Name ist Programm: Sie haucht alten Kleidungsstücken neues Leben ein, mögen sie noch so zerschlissen sein – und dies sehr kreativ:
"Wir reparieren die Kleidungsstücke nicht nur, sondern erneuern, vereinzigartigen und küssen die Stoffe wieder wach."
Zeichen setzen gegen den Shopping-Wahn
Dabei geht es ihr nicht nur um die optische Veränderung und die Weiterverwertung von Kleidung. Sie möchte ein Zeichen gegen den allgegenwärtigen "Shopping-Wahn" setzen:
"Ich habe das Gefühl, die Menschen wissen überhaupt nicht mehr ein noch aus. Die kaufen halt 20 Mal im Jahr ein H&M-Shirt; dann landet es nach drei Mal Tragen wieder im dem Müll. Und der Müllberg wird immer größer und größer und die Giftstoffe immer ärger. Und wir wollen den Menschen sagen: Ok, du musst ja das T-Shirt nicht wegschmeißen, sondern bring' es zu uns und lass' es verändern. Und in dem Maß, wo man selber als Bürger bestimmen kann, dass man das Teil verändert, gewinnt man seine eigene Definitionsmacht wieder zurück und man entzieht es diesem Kreislauf."
Die Designerin möchte damit auch die jungen Käufer erreichen:
"Es muss cool werden, alte Sachen zu tragen. Es geht nicht über Moral – für junge Leute muss es cool sein."
Das Geschäft mit den Altkleidern - darüber diskutiert Matthias Hanselmann heute von 9 Uhr 07 bis 11 Uhr mit Elisabeth Prantner und Thomas Ahlmann. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de sowie auf Facebook und Twitter.
Informationen im Internet:
Über den Dachverband FairWertung
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