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Saudi-Arabien
Undurchsichtiges Spiel mit dem Terror

Die Attentäter von Würzburg und Ansbach sollen Kontakt nach Saudi-Arabien gehabt haben, die Regierung in Riad will laut Medienbericht bei den Ermittlungen helfen. Doch Zweifel sind angebracht: Saudi-Arabien steht in Verdacht, islamistische Terroristen zu unterstützen.

Von Björn Blaschke | 06.08.2016
    Salman sitzt mit traditionellem Kopftuch auf einer Art Thron an einem Tisch. Neben ihm steht ein kleine Flagge Sausi-Arabiens. Im Hintergrund sieht man unscharf zwei Männer mit dekorierten Uniformen.
    Der saudische König Salman bin Abdul Aziz al Saud ist dem erzreaktionären Wahhabismus eng verbunden. (DPA/EPA/SAUDI PRESS AGENCY )
    Immer wieder stand das Königreich Saudi Arabien - Herrscher und Untertanen - im Verdacht, mit islamistischen Terroristen zusammenzuarbeiten. Schon allein weil 15 der insgesamt 19 Attentäter der Anschläge vom 11. September 2001 Saudis waren. Erst vergangenen Monat veröffentlichte die US-Regierung Papiere aus dem Jahr 2002. Seinerzeit hatte die so genannte 9/11-Kommission einen Bericht über die Hintergründe der Attentate vorgelegt. Aber: Einige Teile - inoffiziell "die 28 Seiten" genannt - blieben unter Verschluss.
    13 Jahre lang rangen Juristen, Journalisten und Angehörige von 9/11-Opfern darum, dass auch die fehlenden Passagen publik gemacht würden - eben weil viele davon ausgingen, dass hochrangige Saudis hinter den Al-Kaida-Anschlägen steckten. Doch die bis dahin unter Verschluss gehaltenen Papiere, die Mitte Juli veröffentlicht wurden, bestätigen das nicht.
    Viele Anhänger von Al Kaida und IS
    Allerdings ist dem Bericht der 9/11-Kommission zu entnehmen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Attentäter finanzielle Unterstützung aus Saudi Arabien erhalten haben: "Von Einzelpersonen, die vielleicht in Verbindung zur saudischen Regierung standen". Der saudische Außenminister verneint das: "Saudi Arabien begrüßt heute die Veröffentlichung der 28 Seiten. Wir hatten dazu mehrfach aufgerufen. Wir haben mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass das Königreich Saudi Arabien nichts zu befürchten hat, dass es Willens ist die Terroristen zu verfolgen, genau wie die, die sie finanzieren und die ihre Aktionen rechtfertigen", sagt Adel al-Jubeir.
    Einmal mehr eine Kampfansage an saudische Islamisten, denen im übrigen hohe Strafen drohen, wenn sie beispielsweise für den "Islamischen Staat" (IS) in den Dschihad nach Syrien ziehen. Umgekehrt hat auch der IS dem saudischen Königshaus offen den Krieg erklärt und mehrfach Attentate im Reich verübt. Dennoch: In Saudi-Arabien gibt es zweifellos mehr Anhänger von Al Kaida und IS, als in anderen Teilen der Welt. Was nahe liegt: Das Königshaus ist eng mit dem erzreaktionären Wahhabismus verbunden: eine Schule des sunnitischen Islam. Strenge Anhänger des Wahhabismus behaupten, dass beispielsweise Schiiten Abtrünnige sind, Ungläubige, sprich: "Feinde, die bekämpft werden müssen."
    Nicht nur der IS köpft
    Womit sich die Position strenggläubiger Wahhabiten kaum von der unterscheidet, die Terror-Organisationen wie Al Kaida oder der IS einnehmen. Gleiches gilt in der menschenverachtenden Justiz: Nicht nur der IS köpft; auch saudische Gerichte verhängen - ganz im Sinne des alten islamischen Rechtes - die Todesstrafe durch das Schwert.
    Doch vielen Saudis gilt die aktive Politik ihres Herrscherhauses als viel zu weich - allein die offen-guten Beziehungen zum Westen im Allgemeinen, zu den USA im Besonderen und gute Beziehungen - eher diskret - sogar zu Israel. Gleichzeitig steht Saudi-Arabiens Wirtschaft auf tönernen Füßen. Der niedrige Ölpreis sorgt für weniger Staatseinnahmen; Arbeitslosigkeit macht sich breit. Dabei bleiben die Ausgaben für die Untertanen hoch: Benzin und Gas werden subventioniert. Für das Gesundheitssystem muss kein Saudi Geld ausgeben, auch nicht für Schulen und Universitäten.
    Dann noch der Bürgerkrieg in Syrien: Die Gruppen, deren Kampf gegen Bashar al-Assad Riad finanziert, kosten. Das alles lässt auch Saudis nach Alternativmodellen Ausschau halten - und manche sehen die in den blutigen Angeboten von Al Kaida oder IS.

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