Ikonen-Museum Recklinghausen

Prächtig und bunt

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Ikonen in Sofia, Bulgarien © picture alliance / dpa / Karl Thomas
Von Bettina von Clausewitz · 26.04.2015
In der Sonderausstellung "Wunder des Lichts" zeigt das Ikonen-Museum Recklinghausen jetzt eine Auswahl von Heiligenbildern. Die Farbenpracht spiegelt die bulgarische "Wiedergeburtszeit" wider, als im 17. Jahrhundert 500 Jahre osmanische Fremdherrschaft endeten.
Wer in dieser Ausstellung nur geschönte Heiligenbilder aus bulgarischen Kirchen erwartet, liegt ziemlich falsch. Obwohl es die klassischen Motive natürlich auch gibt: Das Titelmotiv gleich am Eingang etwa: eine wunderschöne Darstellung der Muttergottes mit Jesuskind auf dem Arm, eingefasst von prunkvollen Holzschnitzereien.
Sogar Spuren respektloser Holzwürmer sind in den Ornamenten noch zu sehen, überstrahlt vom Rot der Gewänder und dem Gold der Heiligenscheine. Ebenso farbenprächtig sind auch alle anderen Ikonen dieser Sonderausstellung, etliche jedoch weit weniger friedlich. Das Bild der Heiligen Marina etwa, die im 3. Jahrhundert von ihrem Vater beim Statthalter denunziert wurde, weil sie Christin geworden war:
"Der Statthalter fand die Marina total hübsch und hat sich an sie rangemacht und wollt' sie auch heiraten, aber sie hat sich dagegen verwahrt und daraufhin hat er sie allen möglichen Martern, also Folterungen unterzogen,"
erzählt Museumsleiterin Eva Haustein-Bartsch bei einer Führung durch die Sonderausstellung mit 40 zumeist großformatigen Ikonen. Viele von ihnen sind mehr als einen Meter hoch. Auch das Ganzkörperbild der Heiligen Marina, das Platz genug für 22 weitere kleine Darstellungen am Bildrand lässt. Darauf wird ihre Pein in drastischen Einzelszenen dargestellt, während sie gleichzeitig im reichverzierten orientalischen Gewand mit Heiligenschein vom Bild herab lächelt:
"Hier unten wird sie zum Beispiel mit Fackeln gebrannt und hier wird ihre Haut mit irgendwelchen Krallen abgekratzt und hier wird sie geschlagen mit Stöcken, da fließt auch das Blut schon ziemlich runter. Aber all diese Martern konnten ihr überhaupt nichts anhaben, und das haben dann andere Leute gesehen und sind ob dieser Wunder dann auch zum Christentum übergetreten,"
was Marina schließlich zur Heiligen der bulgarisch-orthodoxen Kirche machte. Ihr Bild ist eins von vielen ausdrucksstarken bulgarischen Ikonen aus dem Archäologischen Museum Varna, die derzeit in Recklinghausen zu sehen sind. Darunter der Heilige Nikolaus, die Nationalheiligen Kyrill und Method, Johannes der Täufer mit seinem eigenen abgeschlagenen Kopf im Arm oder Christi Himmelfahrt.
Legenden rühren die Herzen der Menschen
Ursprünglich stammten diese Ikonen aus stolzen Altarbildern, den sogenannten Ikonostasen. Und kleinere, weniger wertvolle Abbildungen hingen in Privathäusern. Denn Legenden von Glaubensmut und Selbstlosigkeit rühren die Herzen der Menschen – bis heute, auch bei Ausstellungsbesuchern:
"Dat is' Wahnsinn! Wie soll ich mich jetzt ausdrücken?
Es ist was Heiliges – gut, wer da dran glaubt - es ist etwas Besonderes, wenn man das sieht: Dat kommt ja durch!
Es wandelt irgendwie. Wenn ich rauskomme, bin ich ein anderer, möchte ich mal sagen.
Ich bin fasziniert von Ikonen, ich hab selber Ikonen auch zu Hause.
Diese Religiosität ist auf jeden Fall ein Bezug, da ich auch praktizierende Christin bin, das teilt sich auf jeden Fall mit."
"Die Idee stammt vom Bürgermeister von Dordrecht in den Niederlanden, unserer Partnerstadt. Recklinghausen – Dordrecht feierten im letzten Jahr das 40-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft und der sehr kunstinteressierte Bürgermeister, Dr. Brock, hatte die Idee, dass man 40 Ikonen aus dem Recklinghäuser Ikonen-Museum kombinieren könnte mit 40 Ikonen aus Varna, denn Dordrecht hat auch eine Städtepartnerschaft mit Varna - Recklinghausen nicht."
Eine Idee, die Kustodin Eva Haustein-Bartsch gerne umgesetzt hat. „Wunder des Lichts" lautet der Ausstellungstitel, denn diese Bilder zeigen keine verschatteten, asketischen Gesichter mehr wie zur Osmanenzeit, sondern sind voller Optimismus.
In all ihrer Farbenpracht spiegeln sie die bulgarische „Wiedergeburtszeit", als im 17. Jahrhundert 500 Jahre osmanische Fremdherrschaft endeten. Wohlstand, Nationalstolz und Lebensfreude beflügelten die Ikonenmalerei. Endlich konnte sich auch christliches Leben wieder entfalten mit vielen biblischen Szenen und einer Hommage an die Märtyrer. Ein modernes Thema, wie die Museumsleiterin meint, aber mit äußerst gegensätzlichen Bezügen zur Gegenwart:
"Man denkt natürlich heutzutage auch an die Islamisten, die für ihren Glauben sozusagen als Märtyrer sterben, und viele Christen jetzt im Vorderen Orient, die von diesen IS-Leuten umgebracht werden, nur weil sie Christen sind. Das ist leider dann doch auch wieder sehr aktuell."

Veranstaltungshinweis
Die Sonderausstellung "Wunder des Lichts. Bulgarische Ikonen aus Varna" ist bis zum 14. Juni 2015 zu sehen.

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