Ideologische Unbelehrbarkeit

Von Anne Gerhartz · 02.04.2012
Seit mehr als 20 Jahren hat Margot Honecker kein TV-Interview gegeben. Erstmals spricht sie nun in der ARD-Doku des Dokumentarfilmers Eric Friedler "Der Sturz". Margot Honecker, geboren 1927 in Halle an der Saale, gehörte zu DDR-Zeiten zu den Funktionären, um die sich Legenden rankten.
Ihre Macht und ihr zügelloser Ehrgeiz wurden von vielen gefürchtet: Wegen ihrer Haarfarbe wurde sie oft "lila Drache" oder "blaue Eminenz" genannt. Die ehemalige Bildungsministerin der DDR und einflussreiche Ehefrau des früheren Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker lebt heute zurückgezogen in Chile und äußert sich nur selten öffentlich. Das war zu DDR-Zeiten ganz anders.

O-Ton (aus: Porträt: Margot Honecker zum 80. Geburtstag)
"Es ist unsere wichtigste Aufgabe, die Jugend zur festen Überzeugung zu führen, dass dem Sozialismus die Zukunft gehört, dass der Imperialismus zum Niedergang verurteilt ist"

"Zum Sozialismus zu erziehen heißt auch, sie den Imperialismus hassen zu lehren"

Mit 22 Jahren zog die Tochter eines ehemaligen Schuhmachers und KZ-Insassen und einer Fabrikarbeiterin in die Volkskammer ein. Vier Jahre später, 1953, heiratete sie Erich Honecker. Ende der 50er-Jahre begann sie ihre Karriere im Ministerium für Volksbildung. Die Einführung des "einheitlichen, sozialistischen Bildungssystems" wurde ihr Lebenswerk.

Mit Vehemenz setzte die einflussreiche SED-Funktionärin die ideologische Ausrichtung des Unterrichts durch, mit Repressionen gegen kritische und christliche Schüler. 1978 führte sie gegen den Widerstand der Kirchen und trotz vieler Elternproteste den Wehrkundeunterricht mit praktischer Ausbildung an der Waffe ein.

Margot Honeckers ideologische Unbelehrbarkeit ist bis heute berüchtigt. Noch im Juni 1989 hielt sie auf dem 9. Osterberliner Pädagogischen Prozess eine fünfstündige, kämpferische Rede, auf der sie die sozialistischen Erziehungsmethoden lobte und aufrief, den Sozialismus notfalls "mit der Waffe in der Hand" zu verteidigen.

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde ihr Mann Erich Honecker wegen der Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze strafrechtlich verfolgt. Margot Honecker, gegen die in Deutschland kein Haftbefehl vorlag, emigrierte zu ihrer Tochter nach Chile.

Weitere Informationen zum Film von Eric Friedler:Der Sturz - NDR
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