Identitätspolitik

"Vom Gendersternchen kriegen wir gar nichts"

04:36 Minuten
Illustration von Menschen deren Sprechblasen miteinander verbunden sind.
Caroline Fetscher kritisiert, dass bei manchen Menschen das Leben nur um die Identität "zirkuliert". © imago / Gary Waters
Caroline Fetscher im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 23.03.2021
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Die große Aufmerksamkeit für verschiedene Identitäten löse keine wichtigen Probleme, sagt die Journalistin Caroline Fetscher. Gefragt seien Milliarden-Investitionen in Schulen statt Streit über „minimale“ Gender-Unterschiede.
Die Debatte um Identitätspolitik geht nach Ansicht der Tagesspiegel-Journalistin Caroline Fetscher an den Erfordernissen der Gegenwart vorbei. Identitätspolitik ersetze derzeit so gut wie alles, was es vorher an "soliden, pragmatischen Politikkonzepten für soziale Fragen, Bildungsgerechtigkeit, Verbesserung der Demokratie" gegeben habe.
Caroline Fetscher im Porträt
Caroline Fetscher schreibt seit 1997 für den Tagesspiegel.© Deutschlandradio / Manfred Hilling
"Es geht um diese Aufmerksamkeit für Identitäten, die auch noch auf eine gewisse Weise fixiert werden", so Fetscher. "Da basteln sich Leute Identitäten, oder sie haben sie oder sie bestehen auf ihnen oder sie entdecken sie in sich – und das ist dann das, worum ihr Leben zirkuliert."

Eher die "Bildungskatastrophe" als Herausforderung

Tatsächlich fordern die Pandemie, die Globalisierung und die "Bildungskatastrophe" Fetscher zufolge die Gesellschaft besonders heraus: "Wir haben im Moment wirklich so wichtige Probleme zu lösen, und es wird sich so geschlagen um diese minimalen Differenzen zwischen nicht-binär und cis." Fetschers Fazit:
"Wir kriegen keine Milliarden für die Schulen, wenn wir ein Gendersternchen machen, wir kriegen gar nichts. Es kostet nichts. Das ist wirklich geschenkt, das ist gratis. Aber was wir brauchen, sind Rieseninvestitionen in den Bildungsapparat."
(bth)

Caroline Fetscher ist Autorin des Berliner "Tagesspiegel". Zu ihren Themen gehören gesellschaftliche Debatten in den Bereichen Kultur und Politik, insbesondere Menschenrechte und Kinderschutz.

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