Homosexuelle in Polen

Hoffen auf bessere Zeiten

An einem Haus im Stadtzentrum von Warschau ist ein Graffiti mit der Abbildung zweier Homosexueller beim Geschlechtsverkehr zu sehen mit der Überschrift "Zakaz Pedalowania - Verbietet Pädophilie".
Homosexualität ist in Polen weitgehend verpönt, wird auch mit Pädophilie gleichgesetzt. © picture alliance / dpa / Arno Burgi
Von Henryk Jarczyk · 20.04.2015
Homophobie ist in Polen leider bittere Realität. Das liegt zum einen am Einfluss der katholischen Kirche, zum anderen daran, dass in der Schule keine Toleranz beigebracht wird. Homosexuelle müssen sich bis heute verstecken.
Loveparade in Warschau. Bunt gekleidete Männer und Frauen ziehen durch die polnische Hauptstadt. Das gefällt nicht jedem. Doch mittlerweile, ruft die Loveparade bei weitem nicht die Reaktionen aus, wie vor ein paar Jahren noch. Und dennoch bleibe Homophobie in Polen nichts Ungewöhnliches, meint Paradesprecher Jej Perfekcyjnosc.
"Meiner Meinung nach hat sich hier nicht viel verändert. Es gibt zwar keine Proteste mehr gegen die Loveparade. Aber das ist nur in Warschau so. In anderen Städten werden wir weiterhin angegriffen. Das liegt unter anderem daran, dass wir weder innerhalb der Gesetzgebung noch innerhalb der Gesellschaft entscheidende Veränderungen erfahren haben. Daher bleibt es beim Status quo, leider."
Verglichen mit vielen anderen Staaten der europäischen Union, sagt der Warschauer Sexualtherapeut Andrzej Depko, sei das Land in Punkto Toleranz gegenüber Homosexuellen noch Meilen weit entfernt. Unter anderem weil die katholische Kirche hier weiterhin ein mächtiges Wörtchen mitzureden hätte:
"Die polnische Gesellschaft folgt seit 2000 Jahren einer vom Katholizismus geprägten Doktrin, eine Lehre, die Homosexualität negiert und das Sexualleben ausschließlich der Fortpflanzung zuordnet. Das ist eine ziemlich primitive Betrachtungsweise."
In Schulen wird keine Toleranz beigebracht
Leider, sagt Mateusz eine polnische Drag Queen. Der junge Mann musste oft genug erleben, was es heißt anders zu sein. Erfahrungen, die ihn mehrfach dazu zwangen den Wohnort zu wechseln, um sich selbst aber auch seine Familie vor offenen Anfeindungen zu schützen.
"Ich denke, Polen ist auf homosexuelle Partnerschaften noch nicht vorbereitet. Das kommt davon, weil uns in den Schulen keine Toleranz beigebracht wird. Und weil viele Kinder homophobe Eltern haben."
Geboren wurde Mateusz in Wadowice, im Süden Polens. In einem kleinen Ort aus dem ausgerechnet Papst Johannes Paul der Zweite stammt. Für einen Homosexuellen nicht wirklich die besten Voraussetzungen, um in Ruhe leben zu können.
"Wadowice ist sehr katholisch, dort gibt es kein Leben für Homosexuelle. Alle, die ich kenne, fahren nach Krakau oder haben in Wadowice eine Ehefrau und Kinder, um ihre eigentliche sexuelle Neigung zu verstecken. In Krakau ist das ganz anders. Allerdings immer noch nicht so gut wie in Warschau. In Warschau sind die Menschen aufgeschlossener."
Ähnliche Erfahrungen hat auch Anna gemacht. Die junge Frau machte lange aus ihren sexuellen Neigungen kein Geheimnis. Ein Fehler, wie sich herausstellte.
"Ich arbeitete als Lehrerin in zwei Real- und zwei Grundschulen in unserem Dorf. Eines Tages tauchte der Priester beim Gemeindevorsteher auf und beide waren sich schnell einig, dass nachdem ich im Fernsehen als bekennende Lesbe aufgetreten bin, man mich entlassen müsste."
Heute lebt Anna in Warschau und arbeitet als Pädagogin. Hier in der Anonymität einer Großstadt, sagt sie, sei das Leben wesentlich leichter als auf dem flachen Land. Traurig, doch in Polen leider bis heute bittere Realität.
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