Holocaust-Debatte in Polen

15.02.2011
Zu den Debatten anlässlich des Erscheinens des neuen Buchs des polnischstämmigen US-Historikers Jan Tomasz Gross, "Goldene Ernten", hat sich Robert Zurek, der stellvertretende Direktor des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften, in Deutschlandradio Kultur geäußert.
Die Antworten des US-amerikanischen Autors mit jüdisch-polnischem Hintergrund provozierten zu einer Reflexion über die polnische Mitschuld am Holocaust, sagte er. "Insofern wird dieses Buch eine sehr wichtige Veröffentlichung sein."

Andererseits kritisierte Zurek: "Gross selbst schreibt eigentlich kaum etwas Neues." Seine Fakten und Thesen seien aus Werken polnischer Historiker durchaus bekannt, allerdings hätten sich die Erstautoren damit nicht durchsetzen können.

Gross erreiche aktuell diese außerordentliche öffentliche Aufmerksamkeit, weil er mit "Zuspitzungen und einer gewissen Emotionalität und Aggressivität" arbeite, sagte Zurek und fügte hinzu:

"Also, dass ist sein Instrument, die Öffentlichkeit zu erreichen und Debatten zu provozieren. Aber das hat natürlich auch eine Kehrseite und kann auch gefährlich sein, weil wir es hier mit einem sehr sensiblen Thema zu tun haben. Und eine zu aggressive Schuldzuweisung und ein zu einseitiger Umgang mit dem Thema kann eine selbstkritische Reflexion der Bevölkerung eventuell auch erschweren."

In dem Buch "Goldene Ernten" geht es um die Beteiligung der polnischen Bevölkerung an der Ermordung der jüdischen Mitbürger während der nationalsozialistischen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Gross rechnet darin den Polen die Mitschuld an bis zu 150.000 Ermordungen vor.

Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 15.7.2011 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.

Links zum Thema:
Zentrum für Historische Forschung Berlin an der Polnischen Akademie der Wissenschaften