Hollandes Haare

Wer schön sein will, muss zahlen

François Hollande
Der französische Präsident François Hollande reist mit seinem persönlichen Frisör um die Welt. © picture alliance/dpa/Foto: Alexandre Marchi
Von Jürgen König · 13.07.2016
Üppig ist François Hollandes Haarpracht zwar nicht unbedingt, dafür aber das Gehalt seines Friseurs: Fast 10.000 Euro erhält der präsidiale Leib-Coiffeur "Olivier B.". Der soll allzeit verfügbar sein, reden über seinen Job darf er aber nicht.
Vielleicht kann ein Außenstehender nicht wirklich ermessen, was es bedeutet, für eine präsidentielle Frisur verantwortlich zu sein. Gleichwohl: ein Monatsgehalt von 9895 Euro erscheint einem doch reichlich üppig, zumal bei einem Präsidenten, der sich von seinem Vorgänger Nicolas Sarkozy ausdrücklich unterscheiden wollte, der bescheiden auftrat, menschennah – "Ich bin einer von Euch!" – dies war die Botschaft.
Und nun das: ein leibeigener Frisör namens "Olivier B.", rund um die Uhr, rund um die Welt verfügbar, über seine Arbeit reden darf "Olivier B." nicht. Die satirische Wochenzeitung "Le canard enchainé", die den Vorgang enthüllt und eine anonymisierte Kopie des Arbeitsvertrages gleich mit veröffentlicht hat, schreibt, der Elysée-Palast habe die Angaben bestätigt – auf dessen Internetseite findet sich dazu nichts.
"Der Frisör des Präsidenten" ist heute morgen ein Thema in Frankreich, zwei Herren in der Métro unterhalten sich: "Was wollen Sie?", sagt der eine. "Hatte Francois Hollande nicht gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft gesagt, sein wichtigstes Ziel sei es, die Arbeitslosigkeit in Frankreich zu senken; zu einer erneuten Kandidatur werde er nur antreten, wenn die Arbeitslosenzahlen deutlich zurückgegangen wären?"
"Ach…", sagt der andere und lacht. "Sie meinen, deshalb hat er gleich in seinem unmittelbaren Umfeld eine Stelle geschaffen?" "Na klar!", sagt der erste: "Und zwar eine, von der nun wirklich niemand sagen kann, sie würde prekäre Lebensverhältnisse mit sich bringen!" - Und will sich schier ausschütten über seinen gelungenen Witz.

Ist es überhaupt eine "Frisur"?

Eine Folge dieser Meldung dürfte sein, dass man jetzt bei den vielen öffentlichen Auftritten des Präsidenten immer zuerst auf dessen Frisur schaut, die man bisher doch, wenn überhaupt, nur mehr beiläufig zur Kenntnis genommen hatte. Und man wird sich unweigerlich Fragen stellen wie: Ist es überhaupt eine "Frisur"? Ist es nicht, in der Sprache der Fachleute, einfach nur ein "Kurzhaarschnitt"?
Ob Olivier B. heute morgen wohl schon wieder Hand anlegen musste? Wo wird der Präsident ihn empfangen haben? Die Könige hatten Schlafzimmer, Vorzimmer, Ankleidezimmer für ihre Morgentoilette, wie wird Präsident Hollande es halten? Und: Was genau tut Olivier B.? Wird er einfach nur den präsidentiellen Scheitel ziehen oder auch den Nacken ausrasieren und die Koteletten begradigen?
Wird er auch… kaum traut man sich, es auszusprechen: färben? Und, ganz wichtig: Reden die beiden miteinander in ihrer womöglich mehrmals-täglichen Gemeinsamkeit?
Wenn ja, worüber? Ist Olivier B., der über seine Arbeit nicht reden darf, die Stimme des Volkes am Ohr des Präsidenten? Ist er im Lauf der Jahre ein Vertrauter des Präsidenten geworden? Ein Berater vielleicht, ein Einflüsterer, ein mächtiger Mann?
Vielleicht kann ein Außenstehender wirklich nicht ermessen, was es bedeutet, für eine präsidentielle Frisur verantwortlich zu sein.