Hörspielserie "Paartherapeut Klaus Kranitz"

Wie aus alltäglichen Paarproblemen schräge Konflikte entstehen

09:31 Minuten
Der Dokumentarfilmer und Regisseur Jörg Schütte sitzt in einem braunen Holzstuhl auf einer Terrasse des Hamburger Hotels Kempinski.
Autor Jan Georg Schütte stattet seinen Kranitz nicht nur mit therapeutischen Halbwissen aus, sondern auch mit einem Auftragskiller an seiner Seite, dargestellt von Bjarne Mädel. © picture alliance / dpa / Revierfoto
Von Barbara Schäfer · 27.11.2018
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Paartherapie mit Geld-zurück-Garantie. Die Hörspielserie um Paartherapeut Kranitz von Radio Bremen und dem Saarländischen Rundfunk wurde zum Hörspiel des Monats September gewählt. Kein Wunder, denn dieser Kranitz ist völlig schräg.
Das Hörspiel des Monats ging im September an eine Produktion von Radio Bremen mit dem Saarländischen Rundfunk. Große Radiounterhaltung mit vielen Besonderheiten. Elisabeth Schwarz und Wolf Dieter Sprenger als Ehepaar Just auf dem Weg zum Paartherapeuten Klaus Kranitz, der seiner Kundschaft "bei Trennung Geld zurück" verspricht. Kranitz ist eigentlich Immobilienmakler, hat aber seine Fähigkeiten ins Therapiegeschäft verlegt. Jan Georg Schütte, Autor der Serie, Schauspieler und Filmemacher, spielt den Hörspiel-Therapeuten mit Leidenschaft:
"Entstanden ist das Ding aus meinem Film "Wellness für Paare". Das ist so eine Geschichte, wo fünf Paare in ein Hotel kommen und ein Therapiewochenende machen. Und da hatten wir richtige Therapeuten. Und dann war die Idee eben auch, fürs Radio sowas zu machen. Und das Format sollte aber so knapp sein, Viertelstunde, zwanzig Minuten. Und da habe ich gemerkt, dass wir eigentlich mit einem normalen Therapeuten, der wirklich zuhört, sich sanft und vorsichtig ans Thema rantastet, diese Zeit, dieses Tempo nicht hinkriegen. Und nicht diese Schräglage, die ich aber gesucht habe. Und darum haben wir gedacht, Okay, dann mach ich den Therapeuten selbst. Da ich nun aber mal kein Therapeut bin, machen wir ihn so ein bisschen halbseiden. So können alle meine Unzulänglichkeiten in den Therapeuten reinfließen, und ein bisschen Hausfrauenpsychologie, die ich da rein bringe. Und so kam das, dass er dann eben Immobilienmakler ist, er hat ja auch noch Kontakte in die Halbwelt."
Der Schauspieler Bjarne Mädel mit Brille in unserem Studio vor dem Mikrofon
Der Schauspieler Bjarne Mädel gibt in der Hörspielserie den nachdenklichen Auftragskiller Manni© Deutschlandradio / René Fietzek
Halbseiden mit Hausfrauenpsychologie und Kontakten in die Halbwelt. Nicht nur die Eheleute Just sind überrascht von ihrer Therapiestunde.
Kranitz: "Ich stell ganz gern am Anfang immer eine Frage: Frau Just, lieben Sie Ihren Mann?"
Patientin: "Das kann man so einfach nicht beantworten."
Kranitz: "Danke."
Patientin: "Wie danke?"
Kranitz: "Reicht. Herr Just, auch nur ganz kurz: lieben Sie Ihre Frau?"
Patient: "Nein. Also nicht mehr. Also nicht mehr so wie früher. Aber das ist ja klar."
Kranitz: "Gut, also dann lassen wir das mal so stehen."
Patientin: "Ja, finde ich auch."
Kranitz: "Herr Just, wie ist es denn mit der Sexualität zwischen Ihnen beiden bestellt?"
Patient: "Kannst du da was sagen?"
Patientin: "Nein, sag du doch mal was."
Kranitz: "Wären Sie in der Lage, dem Ableben Ihres Mannes nachzuhelfen?"
Schauspieler Bjarne Mädel als melancholischer Auftragskiller
Auch der von Kranitz gern beschäftige Auftragskiller Manni ist überrascht von der Radikalität des Therapeuten.
Kranitz: "Klaus, du hast ganz am Anfang gesagt, er sei das Arschloch in der Beziehung. Und das sehe ich ganz genau so. Ich fand den also eiskalt den Mann. Ich habe überhaupt kein Mitleid mit ihm."
Kranitz: "Lass mich das noch mal durchdenken."
Killer: "Ja, gut. Aber das war meine Meinung."
Kranitz: "Ja, aber deine Meinung ist so gefragt nicht. Du machst ja auch einfach ´nen Job. Ich rede dir in deinen Job auch nicht rein."
Killer: "Ich kenne sie ja jetzt noch nicht. Aber, alles, was ich jetzt von ihm gehört hat, tut’s mir nicht mehr leid, wenn er nicht mehr da ist.
Kranitz: "Ja, lerne sie mal kennen, du."
Killer: "Wenn du willst, mach ich beide weg. Dann brauche ich aber die doppelte Gage."
Kranitz: "Wer zahlt mir das alles? Du musst ja auch mal ein bisschen praktisch denken."
Killer: "Ja gut, da habe ich jetzt nicht drüber nachgedacht."
Kranitz: "Beide weg. Das ist doch irgendwie Quatsch."
Killer: "Wie sieht das überhaupt aus? Ich brauche das Geld nämlich schnell."
Kranitz: "Also das ist jetzt folgendermaßen: Wenn ich jetzt nicht einen Albaner nehme, das muss ich jetzt kurz so sagen, die sind immer auf dem Markt, die sind auch schnell, die fragen nicht lange. Ich will dir ja treu bleiben, weil du hast bisher gut gearbeitet."
Killer: "Danke."
Kranitz: "Aber wenn du das jetzt so kompliziert machst, dann muss ich mich jetzt mit Frau Just…"
Killer: "Oft ist das mit Albanern straflich. Die kommen rein und ballern die weg. Dann hast du hinterher die Riesensauerei. Dann war’s doch ein Mordfall und kein leichtes Dahinverschwinden."
Kranitz: "Lass mich das noch mal kurz durchdenken. Ich ruf dich zurück."
Improvisation bei den Aufnahmen
Bjarne Mädel, bestens bekannt aus den TV Serien Tatortreiniger und Stromberg, kennt Jan Georg Schütte schon lange. Deshalb war ihm das Angebot, in der Serie des Paartherapeuten, komplett zu improvisieren, nur Recht:
"Wie gut kann man sich darauf vorbereiten? Eigentlich gar nicht. Man muss sehr durchlässig und offen sein, und drauf vertrauen, dass einem schon was einfallen wird. Das hilft natürlich entorm, dass ich Herrn Schütte ganz gut kenne. Aber ich glaube, in dem einen Telefonat hab ich ihn selber überrascht. Der wusste dann nicht, welche Wendung das nehmen wird. Das macht dann auch noch mal Spaß. In gewissen Bahnen lenkt er das natürlich. Er weiß ja, wo er hin will, wo er landen möchte. Aber wenn es dann improvisiert ist, muss er sich dann auch überraschen lassen, und einstellen, wenn etwas anders ist, als er sich das gedacht hat."
Konflikte in Schräglage
Die Improvisation ist Standard für die Schauspielerinnen und Schauspieler in der Hörspiel-Serie "Paartherapeut Klaus Kranitz – bei Trennung Geld zurück" – alle bekommen Einzelbriefings von Schütte und Koautor Wolfgang Seesko. Dann wird aufgenommen, in einem therapieähnlichen Raum im Hörspielstudio. Jan Schütte über die Art Konflikte seiner Paare:
"Die Konflikte sind immer so ein kleines bisschen überhöht. Oder ein kleines bisschen abseitiger. Ob es jetzt dieses ältere Paar ist, die sich nicht mehr lieben. Und durch den Umgang mit Kranitz wird das immer überhöhter. Bis hin zu dem Vorschlag: Wenn Sie Ihren Partner nicht mehr mögen, wäre es besser, Sie schaffen ihn beiseite. Also die Konflikte gehen aus von einem relativ normalen Vorgang, den wir alle aus Paarbeziehungen kennen und werden durch die Kranitz´sche Beratung in eine Schräglage getrieben."
Jedes Paar der Serie hat drei Therapiesitzungen. Hörerinnen und Hörer im Radio können die Einzelfolgen als Hörspiel insgesamt hören. Alle Einzel-Sitzungen gibt es online, als Podcast-Angebot von Radio Bremen, dem Saarland und in den Audiotheken. Wie kommt das eigentlich an beim Publikum? Radio Bremen Hörspielredakteur Holger Rink:
"Das kommt sehr gut an. Ich denke, das ist mit der leichten Hand gewedelt und gleichermaßen gibt es doch ganz viele Erkennungsmerkmale. Die Thematik Beziehungsproblem, Liebesproblem, viele Menschen haben damit zu tun. Und das ist hier in einer Weise dargeboten, dass sich viele damit identifizieren können."
Dramaturg: Straßenfeger produzieren, "das können wir heute auch"
Die bereits zweite Staffel der Paartherapeuten-Serie wurde von der Jury des Hörspiel des Monats besonders gelobt dafür, dass, "…mit Lust und Spiel und Freude in ironischer Brechung auf höchst unterhaltsame Weise die Tiefen und Tücken der heute vorfindbaren Form der Liebessemantik erkundet…" werden. Holger Rink über die große Unterhaltungsgeschichte von Radio Bremen:
"Radio Bremen ist 1945 gegründet worden. Und die hatten seinerzeit eine sehr große und starke Unterhaltungsabteilung. Das ist im Laufe der Jahrzehnte nicht mehr zu halten gewesen. Und das, was man heute als Hype hinsichtlich Serie versteht, Podcast usw., das ist ja nichts anderes als ein veränderter Ausspielweg, aber die Serie gab es schon lange. Und hat Radio Bremen auch in den 50er- und 60er-Jahren sehr, sehr viel gemacht. Es war nicht unmittelbar Vorbild, aber es geht mir dann immer wieder durch den Kopf: 1960, ´61 haben Rolf und Alexandra Becker, ein zu der Zeit sehr bekanntes Autorenehepaar, die Reihe geschrieben "Dickie Dick Dickens", und das ist in 37 Folgen produziert worden, und war, wie es seinerzeit hieß, ein Straßenfeger. Das wabert immer so als großer Mythos durch die Radio Bremen Unterhaltungsgeschichte hinsichtlich Hörspiel. Wir haben gedacht, das können wir heute auch. Und die Hörerzahlen, auch die Reaktion mit Hörspiel des Monats scheinen uns ja rechtzugeben."
Hörspiel des Monats "Paartherapeut Klaus Kranitz – bei Trennung Geld zurück", von Jan Georg Schütte und Wolfgang Seesko, produziert von Radio Bremen und Saarländischem Rundfunk, zweite Staffel, online bei Radio Bremen.