Hörspiel über einen jüdischen Patriarchen

Otto

Otto - aufbrausend, manipulativ und distanzlos.
Otto - aufbrausend, manipulativ und distanzlos. © Unsplash / mari lezhava
Von Dana von Suffrin · 31.10.2021
Aufbrausend, manipulativ und distanzlos war Otto schon immer. Jetzt ist der pensionierte jüdische Ingenieur auch noch ein Pflegefall. Für seine beiden Töchter, die sich eigentlich von ihm lösen wollen, bedeutet das eine Zerreißprobe.
Für seine Familie war Otto, der pensionierte jüdische Ingenieur, schon immer eine Heimsuchung. Nun werden seine Töchter Timna und Babi, beide Anfang 30, auch noch mit seiner Krankheit konfrontiert. Otto, knapp 80, ist aufbrausend, manipulativ, distanzlos und von wahnwitzigen Einfällen beseelt − und jetzt ein Pflegefall. Seinen Töchtern macht er unmissverständlich klar: Ich verlange, dass ihr für mich da seid. Und zwar immer! Die Schwestern müssen jetzt erfahren, wie schwer es fällt, von einem Menschen Abschied zu nehmen − auch wenn man ihn sein ganzes Leben eigentlich loswerden wollte. Als Otto aus dem Krankenhaus zurückkehrt, beginnt für Timna und Babi ein Jahr voller unerwarteter Herausforderungen, aber auch ein Jahr der Begegnung mit der eigenen Vergangenheit und Familiengeschichte, die so ungewöhnlich ist, dass Außenstehende nur den Kopf schütteln können.
Klug, liebevoll und mit schwarzem Humor erzählt Dana von Suffrin, wie Timna versucht, ihre dysfunktionale Familie zusammenzuhalten, ohne selbst vor die Hunde zu gehen. "Otto" verhandelt vieles: das deutsche Judentum, die Familie und all ihre Segnungen und Schrecken, Alter und Tod − und ist Hommage und Abrechnung zugleich: Das Porträt eines Mannes, in dessen jüdischer Biografie das immer noch kaum fassbare 20. Jahrhundert aufscheint.
"‚Otto‘ ist die Geschichte einer Vater-Tochter-Beziehung, aber darüber hinaus habe ich auch versucht, universelle Themen und Menschen in ihrer ganzen Ambivalenz zu behandeln. Auch wenn jemand keine Ahnung vom Judentum hat, soll er sich wiederfinden können: als Vater, als Kind, als Träger von Liebe, Hoffnung, Schuld und Pflicht; als Stimme der Vernunft, als Scheusal, als Opfer oder als Freund." (Dana von Suffrin)

Otto
Von Dana von Suffrin
Regie: Stefanie Ramb
Mit Robert Dölle, Enea Boschen, Luana Velis, Helena Schrei, Clara Naumann, Stephanie Schönfeld, Barbara Horvath, Christiane Roßbach, Helmut Berger und anderen
Komposition: Polly Lapskovskaja
Ton und Technik:
Produktion: BR 2021
Länge:

Dana von Suffrin, geboren 1985 in München, studierte in München, Neapel und Jerusalem. 2017 Promotion mit einer Arbeit zur Rolle von Wissenschaft und Ideologie im frühen Zionismus, seitdem Postdoc an der Ludwig-Maximilians-Universität. Debütpreis des Buddenbrookhauses, Ernst-Hoferichter-Preis und Hölderlin-Förderpreis für ihr Romandebüt "Otto" (2019).