Hörspiel des Monats

Unseres Herzens Gordischer Knoten

Der amerikanische Dichter Ezra Pound ("Pisan Cantos") im Garten seines Pariser Studios im September 1923. Pound, der die meiste Zeit seines Lebens in Europa verbrachte, wurde nach Auftritten im faschistischen Rundfunk 1944 von den Amerikanern in Italien verhaftet, ein Verfahren wurde jedoch nie eröffnet. Wegen angeblicher Paranoia wurde er von 1955 bis zu seiner Freilassung 1958 in der Irrenanstalt St. Elizabeth in Washington als Militärgefangener festgehalten. Der Dichter mit der eigenartigen Persönlichkeit hat stets bestritten, ein Verräter gewesen zu sein. Ezra Pound wurde am 30. Oktober 1885 in Hailey (Idaho) geboren und ist am 1. November 1972 in Venedig (Italien) gestorben.
Der amerikanische Dichter Ezra Pound im September 1923 in Paris. © picture alliance / dpa
Von Klaudia Ruschkowski · 03.10.2015
Komplexe zeitgeschichtliche und familiäre Hintergründe, dramatische Verwicklungen und Schicksalsschläge - die Autorin dieses Hörstücks und ihr Featureerfahrener Regisseur geben einer seltenen Zeitzeugin allen Raum, sich mit Humor und lebenspraller Einsicht zu erinnern.
Mary de Rachewiltz antwortete 1971 mit ihrem Buch 'Discretions' auf Ezra Pounds Familiengeschichten 'Indescretions'. Hier, in diesem Hörstück, antwortet sie sich selbst. Klaudia Ruschkowski und Giuseppe Maio nehmen sich dafür in ihren eigenen Gestaltungsmöglichkeiten nicht zurück, aber sie dosieren ihre atmosphärischen Sounds und Wortcollagen so feinsinnig und diskret, dass der Erinnerungsraum nie zugestellt wird. Zeitzeugenberichte werden schnell besserwisserisch oder allzu privat und selbstgefällig. Dieser nicht, denn Ruschkowski und Maio wissen: Die Tochter Ezra Pounds kann erzählen, sie hat Vergnügen daran und wir, genau darum, mit ihr. Kein bloßer Nachtrag zur Faktenlage, keine einfältige Anekdotensammlung. Lebensweisheit setzt Lebenslust voraus, das lässt sich hier hören.
(Die Begründung der Jury der Akademie der Darstellenden Künste)
Regie: Giuseppe Maio
Atmos/Sounds: Giuseppe Maio
Mit: Sibylle Canonica, Elfriede Irrall, Erik Hansen sowie Mary de Rachewiltz und Ezra Pound im Originalton
Produktion: Deutschlandradio Kultur 2015
Länge: 86'42

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