Hörspiel des Monats

Klaus Barbie - Begegnung mit dem Bösen

Der Nazi-Verbrecher Klaus Barbie - hier im Jahr 1982 - wurde am 4. Februar 1983 von Bolivien an Frankreich ausgeliefert.
Der Nazi-Verbrecher Klaus Barbie - hier im Jahr 1982 - wurde am 4. Februar 1983 von Bolivien an Frankreich ausgeliefert. © picture-alliance / dpa / UPI
Von Peter F. Müller, Leonhard Koppelmann, Michael Müller · 02.08.2014
Ende des Zweiten Weltkriegs. Nazis versuchen, sich rein zu waschen und in vermeintlicher Harmlosigkeit weiter zu leben. Nicht so Klaus Barbie. Der Kriegsverbrecher setzt sein grausames Treiben fort. Nur für andere Machthaber.
Die Begründung der Jury der Akademie der Darstellenden Künste:
"Investigative Recherche, die enthüllt; Geschichtsjournalismus, der den Schrecken der Vergangenheit in die Gegenwart holt; ein Doku-Drama, das in den Bann schlägt - wer glaubt, so etwas könne es nur im Fernsehen geben, sieht sich unvermittelt eines Besseren belehrt. 'Klaus Barbie - Begegnung mit dem Bösen' leistet all das im akustischen Medium. Peter F. Müller hat sich als Journalist auf die Spuren des 'Schlächters von Lyon' begeben, jenem SS-Hauptsturmführers Klaus Barbie, dessen Brutalität als Nazi-Scherge beispiellos war, bzw. auf die Spuren der Nachkriegskarriere des Mannes, der als Klaus Altmann in Südamerika im Waffenhandel und für Geheimdienste arbeitete. Ein Zentrum der 170 Minuten langen Hörspielproduktion bilden die O-Ton- Aufnahmen des unverbesserlichen Gewaltmenschen, mit einem Diktaphon aufgenommene Lebens-Auskünfte im Plauderton. Gebannt folgt man dieser Stimme, die einen das Fürchten lehrt und die Vokabeln wie selbstgerecht, eitel, wahnsinnig und böse hervorruft.
Doch nicht nur das: Das Hörspielteam um Leonhard Koppelmann zeichnet mit vielen weiteren Materialien ein vielperspektivisches Bild der biografischen Entwicklung hin zum NS-Mörder und zum umtriebigen Nachkriegskarrieristen. Herausragend dabei der Schauspieler Felix von Manteuffel, der den bislang unveröffentlichten Memoiren, geschrieben in der Zeit seiner Gefangenschaft ab 1983 in Lyon, seine Stimme gibt. Sowie schließlich der Historiker Peter Hammerschmidt, ein Experte für die erschreckenden Machenschaften der westlichen Geheimdienste und speziell des westdeutschen Verfassungsschutzes, der unaufgeregt und sachlich Tatsachen erklärt, die man für unglaublich erachtet. Braucht eine solche Dokumentation überhaupt Bilder? Die Jury zeichnet diese große und großartige Produktion gerade auch wegen ihrer Konzentration auf Stimme und Sprache aus. Das Böse, dem sich ein Themenschwerpunkt des Hörspielprogramms des WDR im Mai 2014 widmete, wird mit der Produktion 'Klaus Barbie - Begegnung mit dem Bösen' in faszinierender, beklemmender Weise umkreist. 'Wenn die Hörer das nicht aushalten, müssen sie es ausschalten', warnt der WDR. Aber wer diese zweieinhalb Stunden aushält, geht aus dieser erschreckenden Begegnung nicht mehr als derselbe hervor."
Von Peter F. Müller, Leonhard Koppelmann, Michael Müller
Regie: Leonhard Koppelmann
Mit: Felix von Manteuffel, Carlos Lobo, Elizabeth Burgos, Ilse Strambowski, Andreas Grothgar u. a.
Länge: 87'16
Produktion: WDR 2014
Geschichte und Geschichten
Im Anschluss an ihr preisgekröntes Hörspiel "Klaus Barbie - Begegnung mit dem Bösen" sprechen Leonhard Koppelmann und Peter F. Müller über langwierige Recherchen, gewissenhaften Umgang mit Dokumenten und die besondere Dramaturgie eines Doku-Dramas.
In Ludwig Harigs Hörspielklassiker "Drei Männer im Feld" (1986) führt ein persönlicher Zugang zur Geschichte bis zu den Anfängen des Ersten Weltkriegs. Harig erzählt Episoden aus dem Leben seines Vaters, den als Veteran die Schatten von Verdun verfolgten.
Auf poetisches Terrain begibt sich Jan Philipp Reemtsma in seinem lustigen und tiefgründigen Arno-Schmidt-Monolog "Holunderblüte". Bei "Cinch" erzählt Reemtsma, wie er dem Bargfelder Dichter zum ersten Mal begegnete.
Cinch beginnt diesmal gegen 21.35 Uhr