Hochschule "Ernst Busch"

Eine Neuausrichtung deutet sich an

04:06 Minuten
Porträt von Dr. Anna Luise Kiss, neue Rektorin der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin
Anna Luise Kiss kommt von der Filmuniversität Babelsberg, wo sie zuletzt den Bereich Forschung und Transfer leitete. © Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch
Von Ute Büsing · 30.01.2021
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Überraschend wurde nun bekannt, dass Holger Zebu Kluth als Rektor der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ noch in diesem Jahr abgelöst wird. Ihm wird Anna Luise Kiss folgen. Mit dem Leitungswechsel wird wohl auch eine neue Richtung eingeschlagen.
An der Berliner Kaderschmiede für den Schauspiel- und Regienachwuchs, der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch", rumort es gerne mal. Schließlich handelt es sich bei dem Ausbildungsinstitut auch um einen Markt der Eitelkeiten. Dennoch kam die Meldung überraschend, dass der amtierende Rektor Holger Zebu Kluth von Anna Luise Kiss abgelöst wird.

Einzige Gegenkandidatin

Man war von einer Verlängerung für Kluth um weitere vier Jahre ausgegangen. Dem zugrunde liegt die turnusmäßige Neuwahl des Rektors nach vier Jahren. Die Abstimmung im Erweiterten Akademischen Senat der Ernst-Busch-Schule zu Kiss‘ Gunsten war bereits im Dezember 2020 gefallen. Sie war die einzige Gegenkandidatin zu Kluth.
"Ich sehe in der Hochschule einen herausragenden Entfaltungsraum für darstellende Künstler, der sich durch eine exzellente Lehre der Theaterkünste auszeichnet. Dieser Entfaltungsraum wird geprägt – das konnte ich schon erleben – von hoch engagierten Lehrenden, von überaus spannenden und talentierten Studierenden und von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für die Künstler so viel möglich machen", so Kiss.

Diplomatische Worte, aus denen sich wenig schließen lässt. Das Irritierende an der Personalie ist die Vita von Kiss. Sie war von 2016 bis 2018 Vizepräsidentin für Forschung und Transfer an der Filmuniversität Babelsberg "Konrad Wolf". Dort promovierte sie mit einer Forschungsarbeit über "Die Konstruktion von Laiendarstellern im Kinospielfilm". Seit 2019 leitet sie den Bereich Forschung und Transfer.

Noch keine konkreten Pläne bekannt

Seit ihrem 13. Lebensjahr stand die 1981 in Heidelberg geborene Kultur- und Medienwissenschaftlerin regelmäßig vor der Kamera. Sie wirkte in diversen Vorabendserien mit und war zuletzt in einer deutsch-US-amerikanischen Koproduktion zu sehen. Ob sie das aber für die Leitung einer der renommiertesten deutschen Schauspielschulen qualifiziert? Mit konkreten Plänen hält sich Kiss noch zurück:
"In den nächsten Monaten geht es darum, mich langsam weiter vorzustellen, also die Studierenden, Lehrenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach und nach kennenzulernen, die verschiedenen Abteilungen, Werkstätten und die Studiengänge in ihrer ganzen Vielfalt vom Schauspiel über Regie, Dramaturgie zur zeitgenössischen Puppenspielkunst, Spiel und Objekt, Choreografie und Bühnentanz. Aber die gemeinsame Arbeit geht erst im Oktober los. Das ist eine ganz tolle Perspektive für mich persönlich und, das wird sich hoffentlich erweisen, auch für die Hochschulangehörigen und die Hochschule insgesamt."

Umzug zum Zentralstandort

Unklar bleibt, warum Kluth nach nur vier Jahren das Amt des Rektors abgeben muss. Immerhin hat er der jetzt neu gewählten Rektorin solide Theatererfahrung voraus, u. a. als Dramaturg am Hebbel-Theater, Mitbegründer der Sophiensäle, Künstlerischer Leiter am Hebbel-Theater und Geschäftsführer des Hamburger Privattheater-Verbunds.
Zu den Gründen seiner Abwahl möchte sich der 58-Jährige nicht öffentlich äußern. Kluth übernahm das Rektorat 2017 in einer schwierigen Phase. Er, der gleichzeitig auch noch das Amt des Kanzlers bekleidete, musste den Umzug von vier Standorten in den Umbau am neuen Zentralstandort Zinnowitzer Straße organisieren. Kaum dort eingezogen, schlug die Coronapandemie zu und behinderte den gewohnten Lehr- und Probenbetrieb.
Zur Entfaltung konnte Kluth seine Pläne also nie wirklich bringen. Es deutet sich an, dass Kiss die vor allem für Schauspiel berühmte Hochschule jetzt in eine neue Richtung steuern könnte: weg vom Theater hin zu Film und Medien.
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