Hochhaussiedlungen als AfD-Hochburgen

"Die Platte ist nicht das Problem"

Blick auf mehrere Plattenbauten in Berlin-Marzahn
In Berlin-Marzahn hatte die AfD mit die höchsten Stimmanteile bei der Wahl am Sonntag. © picture alliance / dpa / Paul Zinken
Architekturkritiker Nikolaus Bernau im Gespräch mit Gesa Ufer · 19.09.2016
Die AfD hat in Berlin vor allem in Plattenbausiedlungen Wählerstimmen abgesahnt. Das war auch in Rostock oder Pforzheim schon so. Gibt es also eine Architektur der Abgehängten? Nein, meint der Journalist Nikolaus Bernau. Er sieht die Bewohner eher als Opfer des schlechten Images, das solche Viertel haben.
Schaut man sich die Wahlerfolge der einzelnen Parteien in Berlin an, ergibt sich ein sehr spezielles Bild:
Die Bewohner in der Innenstadt, etwa in Mitte und Kreuzberg, haben vor allem die Grünen und die SPD gewählt. Die CDU und Linkspartei wiederum haben vor allem in den Einfamilienhaus-Vierteln im Westen beziehungsweise Osten Berlins Erfolge erzielt. Und die AfD hat am östlichen Stadtrand, aber auch in den Plattenbaugebieten im Westen viele Stimmen geholt.
Dazu unser Architekturkritiker Nikolaus Bernau:
"Und das ist eben nicht nur im ehemaligen Ost-Berlin so, dass die AfD dort ganz große Erfolge gehabt hat, sondern auch in West-Berlin. Wenn wir uns zum Beispiel das Falgenhagener Feld in Spandau anschauen oder das Märkische Viertel oder die Gropiusstadt - da überall ist die AfD ganz überproportional stark geworden. Das ist kein Ost-West-Problem."
Wer in einer Neubausiedlung wohne, wähle aber nicht automatisch die AfD, betonte Bernau. Die Platte sei also nicht das Problem, sondern ihr schlechtes Image. "Man muss sich zum Beispiel ständig verteidigen, warum man denn im Märkischen Viertel wohnt." Das führe zu dem Gefühl, nicht verstanden zu werden und zu der Haltung: "Dann kann ich ja auch radikal wählen."

Klischees über Plattenbauten

Es gebe viele Klischees über das Leben in Plattenbausiedlungen, etwa über die vermeintliche Anonymität in solchen Vierteln, sagte Bernau. Viele Befragungen von Bewohnern kämen zu anderen Ergebnissen:
"Die meisten sind eigentlich ganz glücklich da. Die wohnen da sehr gerne und die pflegen auch ihre Nachbarschaft, die es ja angeblich in Hochhäusern gar nicht geben kann."
(mau)
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