Hitchcock in Hollywood

"Rebecca" erobert die Leinwand

Laurence Olivier und Joan Fontaine in Hitchcocks "Rebecca".
Hitchcock verfilmte das Buch "Rebecca" von Daphne du Maurier mit Laurence Olivier und Joan Fontaine. © imago / AD
Von Hartmut Goege · 27.03.2015
Er war einer der einflussreichsten Regisseure der Filmgeschichte: Alfred Hitchcock. Seine erste Hollywood-Produktion, die Literaturverfilmung "Rebecca", feierte am 27. März 1940 Premiere und erhielt zwei Oscars. Doch bis zum Filmstart gab es für Hitchcock einige Schlachten in der Filmbranche zu schlagen.
Als "Rebecca" am 27. März 1940 in Los Angeles Premiere feierte, war der Film bereits sehnsüchtig erwartet worden. Ein Großteil des Publikums kannte das Buch von Daphne du Maurier, das sich zwei Jahre zuvor auf die Bestsellerlisten katapultiert hatte und in einer Mischung aus Kriminalroman und romantischer Schauerliteratur des 19. Jahrhunderts geschrieben war.
"Gestern Nacht träumte ich, ich wäre wieder in Manderley."
Der Film beginnt wie seine literarische Vorlage mit der namenlosen Icherzählerin. Während die subjektive Kamera langsam zum Schloss Manderley hinaufschwebt, hört der Zuschauer ihre aus dem Off gesprochene Romanpassage.
"Wir können nie mehr nach Manderley zurück, das ist gewiss, aber im Traum zieht es mich immer wieder dorthin. Zurück zu jenen seltsamen Tagen meines Lebens, die damals in Südfrankreich begannen."
In einer langen Rückblende erzählt der Film die Geschichte dieser jungen Engländerin, die in Monte Carlo den verwitweten Maxim de Winter kennenlernt und heiratet. Dessen erste Frau Rebecca war ein Jahr zuvor unter mysteriösen Umständen ertrunken.
Ihr Andenken wird vor allem von der düsteren Haushälterin Mrs. Danvers gepflegt, die von der Schuld ihres Herrn an Rebeccas Tod überzeugt ist. Sie sorgt dafür, dass die neue Mrs. de Winter von dem übermächtigen Schatten der Verstorbenen fast erdrückt wird.
"Alle vergleichen mich nur mit Rebecca." - "Das bilden Sie sich ein, ich bin so froh, dass er Sie gefunden hat." - "Ich bin ja nur ein Aschenbrödel gegen ihre Eleganz und ihre Schönheit. Sie war klug und witzig, intelligent, lauter Eigenschaften, die mir fehlen."
Schwieriges Verhältnis von Produzent und Regisseur
Der mächtige Produzent David O. Selznick hatte sich die Rechte an dem Stoff gesichert. Er verpflichtete Alfred Hitchcock, der damals bereits als der überragende Regisseur des englischen Films galt, zu seinem ersten Hollywood-Engagement.
Selznick, der sich grundsätzlich in Drehbücher und Schnitt einmischte, verlangte von ihm die genaue Umsetzung der literarischen Vorlage. Hitchcock aber war es gewohnt, unabhängig zu arbeiten und wollte komplett vom Handlungsablauf abweichen. Selznick war fassungslos:
"Der Drehbuchentwurf hat mich so schockiert, dass mir die Worte fehlen. Das ist die vulgarisierte Form eines unbestreitbar gelungenen Werkes. Ich habe noch nie begriffen, warum Filmleute darauf bestehen, etwas von erwiesener Qualität wegzuwerfen und durch eigenes zu ersetzen. Wir haben Rebecca gekauft und wollen Rebecca machen."
Hitchcock musste sich fügen. Ihm war klar, wie wichtig der Film für seine weitere Karriere in Amerika war. Er besaß noch längst nicht die Freiheiten, die man ihm dort erst in den 50er-Jahren einräumte. So arbeitete er mit größter Sorgfalt an der Originalvorlage, was die Anzahl der Drehtage erhöhte, aber auch die von Selznick veranschlagten Kosten. Als sein Assistent ihn nervös darauf aufmerksam machte, beruhigte ihn Hitchcock:
"Reggie, wenn ich diesen Film zum vereinbarten Zeitpunkt abliefere und er ist schlecht, wird man sicher nicht sagen: 'der Film ist zwar mies, aber dafür hat der gute alte Hitch die Drehzeit eingehalten!' Wie viel Zeit ich auch brauchen werde - ist der Film gut, vergessen sie alles andere."
Zwei Oscars für eine Literaturverfilmung
Hitchcock sollte recht behalten. Der Film legte einen glänzenden Start hin, spielte im ersten Jahr schon das Doppelte seiner hohen Produktionskosten ein und erhielt den Oscar als bester Film und für die beste Kamera. Selznick war begeistert. Außerdem bekam die bis dahin unbekannte Joan Fontaine an der Seite von Laurence Olivier glühende Kritiken und eine Oscar-Nominierung für ihre sensible Darstellung einer schüchternen Ehefrau.
Die heimliche Starrolle des Films aber war die der krankhaft eifersüchtigen Haushälterin Mrs. Danvers, gespielt von der Australierin Judith Anderson. In einem dramatischen Finale brennt sie Manderley nieder und kommt selber in den Flammen um.
"Oh Maxim!" - "Ist dir nichts geschehen?" - "Nein, aber Mrs. Danvers ist wahnsinnig geworden, sie wollte nicht, dass wir auf Manderley glücklich werden! Sie wollte es zerstören."
Durch den gesamten Schwarz-Weiß-Film bis hin zur Musik von Franz Waxman zieht sich eine bedrückende Atmosphäre von Angst und Kälte. Hitchcock selber hielt ihn für keinen typischen Hitchcock-Film. Eine Geschichte ohne jeden Humor, wie er später einmal erwähnte. Aber mit dem Erfolg von Rebecca war Alfred Hitchcock in Hollywood angekommen. Den Großteil seines Schaffens hatte er noch vor sich.
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