Hit and Run Tour

Das kleine Genie mit den großen Taschen

Der US-amerikanische Popsänger und Musiker Prince, Aufnahme von 1986
Der US-amerikanische Popsänger und Musiker Prince, Aufnahme von 1986 © picture-alliance / dpa
Ein Kommentar von Martin Risel · 02.06.2014
An diese Preise hatte sich bisher noch keiner im Popbusiness gewagt. 300 Euro pro Karte sollten die Fans für das Konzert des US-amerikanischen Funkmusikers Prince und seiner neuen Frauenband zahlen. Wollten sie aber nicht - und das zu Recht, findet Martin Risel.
"Money don't matter 2nite" – Geld spielt heute nacht keine Rolle – das hatten sich die Hardcorde-Fans des kleinen Genies aus Minneapolis schon als Motto seines Konzertes am Dienstag in Berlin auserkoren – wenn sie sich schon diese maßlos überteuerten Tickets aus den Rippen geschnitten hatten.
Und nun - nix da: "Das Konzert muss aus produktionsbedingten Gründen abgesagt werden," heißt es – schlecht gelogen - in einer Mitteilung des Veranstalters. Und weiter: "Bereits gekaufte Konzertkarten können an der jeweiligen Vorverkaufsstelle zurück erstattet werden." Die Betonung liegt auf 'können' – denn das scheint noch nicht mal gesichert.
Und diese Dirk Becker Entertainment GmbH hatte in den vergangenen Tagen Presse-Anfragen nach Preispolitik und Umfang der als "exklusiv und sehr intim" deklarierten Show unbeantwortet gelassen.
Dabei war schon dieses provokante Prozedere ein Unding im Konzertbusiness: Zwischen 297 und 332 Euro sollten die Karten zunächst kosten. Noch Tage nach dem über soziale Netzwerke propagierten Vorverkaufsstart waren noch Tickets zu bekommen. Auch hastig eingeführte neue Preiskategorien für knapp 190 Euro und andere Rabatt-Aktionen halfen da nichts.
Der Berliner hat sich mal wieder stur gestellt – und das ist gut so
Anders hab ich das erlebt beim Montreux Jazz Festival 2013: Da waren die Prince-Karten zu gut 200 Euro innerhalb von Stunden weg. Die Folge: Schwarzmarktpreise bis zu 1000 Euro. Die Belohnung: Eine musikalisch einmalige, funkelnde Funk-Revue mit 20köpfiger Bläser-Bigband.
In der reichen Schweiz klappte das noch mit diesen Preisen. Im arm, aber sexy-Berlin nun nicht. Der Berliner hat sich mal wieder stur gestellt – und das ist gut so. Tempelhofer Feld und Ticketpreise bleiben wie sie sind.
Im Netz tobt ein Prince-Shitstorm – das Gute daran: Der Popfan kriegt gefühlt ein Stück von seiner Macht zurück.
Eine solche Show wie in Montreux wäre jetzt in Berlin wohl auch nicht zu erwarten gewesen. Und Prince hätte gewarnt sein können: In der Popgeschichte haben sich bisher Madonna und die Rolling Stones damit überboten, Preisgrenzen zu brechen. 100 D-Mark, 100 Euro – bis die Stones bei ihrer jüngsten Tour damit kläglich gescheitert sind, VIP-Tickets für mehrere hundert Euro los zu werden.
Aber Prince lernt ja nicht mal aus seiner eigenen Geschichte: "Slave" hat er sich in den 90ern mal an die Wange gemalt, weil er sich als Sklave der Musikindustrie fühlte. Jetzt macht sich Prince zum Sklaven seines eigenen Ruhms. Mit seinem übersteigerten Selbstwertgefühl wird der nur 1,58 Meter kleine Showriese nun noch einen Kopf kleiner.
Und ein anderer seiner Songs wird jetzt wohl zum Motto seiner vielen Fans: "I love U, but I don't trust U anymore" – ich liebe dich, aber ich vertraue dir nicht mehr.