Historische Aufnahmen

27.12.2011
91 Mal hat der italienische Dirigent Carlo Maria Giulini die Berliner Philharmoniker geleitet. 91 Konzerte zwischen 1967 und 1992, die zu den stillen Höhepunkten im philharmonischen Kalender zählten. Einige davon haben sich als Rundfunkmitschnitte erhalten – Anlass unseres heutigen Blicks in das RIAS-Archiv.
Plattenaufnahmen mochte er nicht, aber im Gegensatz zu dem zwei Jahre älteren Sergiu Celibidache machte er sie trotzdem: Carlo Maria Giulini (1914-2005) gehörte zu den prägenden Dirigenten der Stereo-Ära. In den vergangenen Jahren ist Giulinis Diskographie um etliche Mitschnitte aus Rundfunkarchiven erweitert worden, darunter auch Fundstücke aus dem RIAS Berlin.

Unsere Sendung stellt die von der Firma Testament veröffentlichten Aufnahmen vor und arrangiert sie zu einem "Idealkonzert" (das in dieser Form freilich nicht stattgefunden hat). Helge Grünewald, Dramaturg der Berliner Philharmoniker, gibt als Studiogast über die CD-Reihe ebenso Auskunft wie über seine persönlichen Erinnerungen an Carlo Maria Giulini. Der brachte den Berliner Philharmonikern vor allem Oratorien von Bach bis Fauré nahe, darüber hinaus seine beiden Hausgötter Bruckner und Mahler sowie französische Klassiker, die in dieser Sendung im Mittelpunkt stehen.

Giulini gehörte zu den Dirigenten, die Welten miteinander verbinden konnten: Generationenmäßig stand er zwischen einem diktatorischen Maestro-Typ wie Toscanini und einem modernen, "demokratischen" Dirigenten wie Abbado; landsmannschaftlich verband er das Feuer seiner süditalienischen Herkunft mit der Bedächtigkeit seiner österreichischen Vorfahren; musikalisch prägte er seine dirigentischen Neigungen erst aus, nachdem er schon als Bratscher im Orchester wie im Streichquartett viele Erfahrungen gesammelt hatte. Einer, der gleichsam aus der Mitte des Klangs kam, der sich wie Thomas Mann an der "Fülle des Wohllauts" labte: der vermochte sich auf dem Dirigentenpult zurückzuhalten.

Und so hat ihn wohl der Kritiker Klaus Geitel genau porträtiert, als er 1984 über ein Konzert Giulinis mit den Berliner Philharmonikern schrieb: "Immer scheint sich in Giulinis Wiedergaben deutscher Ausdrucksernst und mediterrane Formempfindlichkeit zu verbinden. Die Durchsichtigkeit der Interpretationen ruht nicht so sehr auf struktureller Ausforschung, eher auf einem schier körperlichen Wohlgefühl an den musikalischen Proportionen."



Historische Aufnahmen aus dem RIAS-Archiv

Maurice Ravel
"Ma Mère l’Oye", Suite für Orchester

Claude Debussy
"La Mer", Drei sinfonische Skizzen

ca. 21:00 Konzertpause mit Nachrichten

Modest Mussorgsky
"Bilder einer Ausstellung"
(orchestriert von Maurice Ravel)


Berliner Philharmoniker
Leitung: Carlo Maria Giulini

Gast: Helge Grünewald
Moderation: Olaf Wilhelmer