Historiker: Ohne Rückhalt bei Intellektuellen kein Holocaust

10.05.2008
Der israelische Historiker Yehuda Bauer hat die Initiative begrüßt, eine Bibliothek der verbrannten Bücher herauszugeben. Es sei "äußerst wichtig", die von den Nationalsozialisten am 10. Mai 1933 verbrannte Literatur zu retten, sagte Bauer, ehemaliger Leiter des internationalen Zentrums für Holocaust-Studien in Yad Vashem. Bücher seien die richtige Waffe gegen den Versuch einer neofaschistischen Bewegung.
Bauer wertete die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten als Werk radikal-nationaler Intellektueller. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts hätten Professoren mit nationalistischer und rassistischer Gesinnung die deutschen Universitäten mehrheitlich erobert. Diesen Apparat hätten die Nationalsozialisten für sich genutzt. "Ohne die Intellektuellen wäre der Holocaust nicht möglich gewesen", sagte Bauer.

Die Bücherverbrennung sei noch nicht speziell gegen Juden gerichtet gewesen, sie habe aber der Vorbereitung der Diktatur und der antijüdischen Gesetze gedient. Ziel sei es gewesen, die gesamte deutsche Kultur zu kontrollieren und die Kritiker einzuschüchtern. Die inszenierten Bücherverbrennungen seien aber auch ein Baustein gewesen, um die Begeisterung des Volkes für den Nationalsozialismus zu entfachen, sagte Bauer. Denn noch im November 1932 habe die NSDAP bei den letzten freien Wahlen der Weimarer Republik eine Niederlage erlitten und 34 Sitze im Reichstag verloren.

Das Interverview mit Yehuda Bauer können Sie mindestens bis zum 10. Oktober 2008 in unserem Audio-on-demand-Angebot nachhören. ( MP3-Audio )
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