Historiker Jürgen Kocka über die US-Wahl

Der Westen ist noch nicht verloren

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Juergen Kocka, Historiker und ehemaliger Präsident des Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) © picture alliance / dpa / Yonhap
Axel Rahmlow im Gespräch mit Jürgen Kocka · 09.11.2016
Zum Wahlsieg von Donald Trump in den USA fällt dem Historiker Jürgen Kocka viel Kritisches ein - den Westen als solches sieht er aber nicht bedroht. Für Kocka ist Trumps Triumph auch eine "Niederlage der menschlichen Anständigkeit".
Der Historiker Jürgen Kocka sieht im Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen einen "zivilisatorischen Rückschritt" und eine "Niederlage der menschlichen Anständigkeit". Auch könne man von einer Schwächung des Westens und seiner Werte sprechen, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Der Westen sei aber nicht am Ende, betonte Kocka - denn die Funktion als "Leitwolf" hätten die USA schon länger verloren.
"Orientierung am Westen heißt (...) Orientierung an westlichen Grundsätzen, die aus der Aufklärung stammen - zu denen Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit, Freiheit, Demokratie gehören", sagte Kocka. An diesen Werten festzuhalten sei wichtig. Es sei aber auch falsch, den Westen zu idealisieren, betonte er.

"Die Demokratie ist kein unschuldiges Kind"

An den Wahlen in den USA könne man sehen, dass die Demokratie kein "unschuldiges Kind ohne böse Möglichkeiten" sei, so der Historiker. Wahlen könnten auch zu Ergebnissen führen, "die wenig mit Aufklärung und Rechtstaatlichkeit zu tun haben".
In vielen Teilen der Welt gebe es eine Erstarkung des Antiliberalismus "mit autoritären Konsequenzen", führte Kocka aus. Das hänge mit großen Prozessen wie der Globalisierung und der Angst davor sowie mit der Entfremdung von politischen und wirtschaftlichen Eliten und weiten Teilen der jeweiligen Bevölkerung zusammen.
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