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Rede zum norwegischen Thronjubiläum
Harald V. wird zum Medienstar

Zig Mal bei YouTube geklickt und über die sozialen Netzwerke geteilt: Mit seiner Rede anlässlich seines 25-jährigen Thronjubiläums ist König Harald V. über Nacht zum Medienstar geworden. Der Grund: In seiner Ansprache wird der norwegische Monarch ungewohnt politisch und findet deutliche Worte gegenüber Rechtspopulisten und Schwulenhassern.

Von Carsten Schmiester | 06.09.2016
    König Harald spricht in ein Mikrofon
    König Harald bei seiner Ansprache auf der Gartenparty am 1. September. (picture alliance / dpa / Lise Aaserud)
    Es fing alles an wie immer: Norwegen, das schöne Land der Fjorde, lang gestreckt und spärlich bewohnt. Aber dann kriegte der König plötzlich die Kurve. Norwegen, das sind vor allem die Menschen, sagte Harald V. Ende vergangener Woche bei der Eröffnungsrede zur Gartenparty anlässlich seines 25. Thronjubiläums.
    1.500 dieser Menschen hat er eingeladen, darunter auch Angehörige gesellschaftlicher Randgruppen, die Harald an diesem Tag bewusst und öffentlich in den Mittelpunkt seiner Rede stellte. Er selbst sei schließlich als junger Mensch vor den Nazis nach England geflohen und wisse, wie sich das anfühle, wie verwundbar man sei und wie abhängig von anderen. Das war schon zu Beginn der Flüchtlingskrise. Jetzt legte er nach:
    "Norweger sind auch aus Afghanistan, Pakistan und Polen, Schweden, Somalia und Syrien eingewandert. Meine Großeltern kamen vor 110 Jahren aus Dänemark und England. 'Zuhause' ist da, wo unser Herz ist. Das lässt sich nicht immer mit Landesgrenzen beschreiben."
    Ein Zeichen gegen Rechtspopulisten
    Ein klares Votum für Offenheit in einem Land, das Rechtspopulisten in der Regierung hat, die eine zunehmend strenge Einwanderungspolitik macht. Während Ultrarechte auf norwegischen Straßen auch gegen andere Gruppen protestieren, sie bedrohen und angreifen: Homosexuelle oder Moslems. Der König hat auch dazu eine klare Meinung:
    "Norweger sind Mädchen, die Mädchen lieben, Jungen, die Jungen lieben, und Jungen und Mädchen, die sich gegenseitig lieben. Norweger glauben an Gott, an Allah, alles und nichts."
    Weit mehr als eine Million Norweger haben sich nach Angaben des Senders NRK die Rede schon online angesehen, die mittlerweise auch international beachtet wird. Weil hier ein König durchaus politisch wird und gegen rechts redet. Weil sich viele in dieser Rede wiederfinden, die – nicht nur in Norwegen –zunehmend ausgegrenzt werden. Jon Öyan etwa, er war Gast bei Haralds Jubiläums-Party und ist nach eigenen Angaben einer der Jungen, die einen anderen Jungen lieben.
    "Ich bin total begeistert. Der König sagt doch, dass es okay ist, genauso zu sein, wie man ist."
    Wir alle sind Norweger, das war dann auch die zentrale Botschaft Haralds V. Teil einer Gemeinschaft, die sich – Zitat – "trotz unserer Unterschiede als ein Volk fühlt, ob man nun helle oder dunkle Haut hat, klassische Musik mag oder den norwegischen DJ Kygo." Sagte der König und landete damit mitten im Herzen auch von Nadine, die übrigens lieber Kygo hört.
    "Es wird so viel diskutiert über Einwanderungspolitik oder Homosexualität. Die Zeit war absolut reif für diese Rede."
    Beweis für eine fortschrittliche Monarchie
    Die Rede wird schon jetzt in Norwegen als "historisch" gewertet. Als Beweis für die Modernität und liberale Haltung der Monarchie. Die in letzter Zeit durchaus kritisiert worden war, etwa weil Thronfolger Haakon und seine Frau Mette Marit hier und da wohl doch etwas zu jetsettig leben oder weil man so wenig hört über die königlichen Finanzen.
    Aber jetzt reden alle – über die Rede. Zu Recht, meint Trygve, Rhetorik-Studenten an der Universität Bergen. Er war auch bei der Party und hat sich, wie Hunderttausende Landsleute, die Rede hinter noch einmal online angehört.
    "Die Rede trifft die Zeit in der wir leben. Sie ist professionell poetisch geschrieben. Sie ist ein wenig mutig. Sonst wäre sie nicht so häufig geteilt worden."