HiRes-Audio

Um Längen besser als mp3

HiRes-Audio soll den Hörern hochaufgelöste Klänge bieten.
HiRes-Audio soll den Hörern hochaufgelöste Klänge bieten. © picture-alliance/ dpa / Angelika Warmuth
Von Marko Pauli · 12.04.2014
Audios im mp3-Format lassen sich via Internet hin und herschicken, überall speichern und abspielen. Doch bei der Klangqualität gibt es noch viel Luft nach oben. Freunde des guten Sounds hoffen nun auf eine neue Technik: das HiRes-Audio.
Neil Young lädt Kollegen zu sich ins Auto ein, eine Runde mit ihm zu fahren. Dabei wird die Anlage aufgedreht und Musik abgespielt vom neuen Audioplayer Pono. Die Reaktionen der Mitfahrer sind in einem Video im Internet zu sehen, Sängerin Norah Jones sagt, so etwas Gutes habe sie lange nicht gehört. Bruce Springsteen meint, es klang warm, analog, geerdet, eine Nähe zur Musik sei zu spüren gewesen, die bei digitalen Aufnahmen schnell mal verloren ginge. Und Elton John fühlte sich, als säße er direkt neben dem Mundharmonika spielenden Bob Dylan.
Mithilfe dieses Videos ruft Neil Young bei der Projektfinanzierungsplattform Kickstarter dazu auf, die Markteinführung des Pono-Players finanziell zu unterstützen. 800.000 Dollar war das Ziel, zusammengekommen sind rund 5.000.000.
"Mit solchen Leuten als Zugpferd, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Thema hochaufgelöste Musik stärker in die Köpfe der Leute kommt."
Vermutet und hofft Christian Rechenbach, Chefredakteur des Musikmagazins "Hifi-Einsnull", das sich der rein dateibasierten Musikwiedergabe verschrieben hat.
"Ich kenne die Typen, die das bauen für ihn. Das ist ein amerikanisches Hi-End-Unternehmen, die haben's drauf, das Ding wird richtig gut werden. Der wird um die 400 Dollar kosten, hat 128 GB Speicher, spielt bis 192kHz alles ab, was man will. Das ist portabel, den kann man an die Anlage anschließen. Dazu gehört ein Musik-Downloadportal, wo man die Musik kaufen und herunterladen kann."
Ein Album ist satte 1,5 GB groß
In dem Shop wird der geneigte Hörer dann vor allem hochaufgelöste FLAC-Dateien finden. FLAC steht für Free Lossless Audio Codec und mit diesem Codec lassen sich, im Gegensatz zu mp3, tatsächlich verlustfrei Daten einsparen. Ein FLAC-Album in einer Auflösung von 192 kHz und 24 Bit ist dennoch gut 1,5 GB groß.
"Gerade die hohe Abtastrate ist es, also 192 statt 44 kHz, die ein hohes Maß an Klangqualität rausholen kann. Eine gute Aufnahme, Jazz oder besonders Klassik, ist oft in HiRes weitaus besser, viel mehr Dynamik, bessere Auflösung, bessere Ortbarkeit der einzelnen Künstler."
Erst mit der hohen Abtastrate ließe sich Musik in der Qualität hören, wie sie im Studio aufgenommen wurde, sagt Neil Young, alles darunter sei wie unter Wasser.
"Mit schwerem Tauchgerät auf dem Meeresgrund festhängen, so lässt sich das Hören eines mp3s beschreiben. Bei einer CD befindet man sich schon höher, aber immer noch ein gutes Stück unter der Wasseroberfläche. Erst bei 192 kHz durchbricht man diese und kann die Luft atmen. Ein anderes, ein befreiendes, gutes Gefühl."
Über den Sender lässt sich nicht vorführen, ob HiResolution Audio, kurz HiRes, tatsächlich bei allen ein solches Gefühl hervorruft, denn einerseits wird längst nicht in so hoher Qualität gesendet, andererseits sind auch die Radioempfänger nicht in der Lage, HiRes-Klänge über die Lautsprecher zu bringen.
Doch wer wissen will, wie's sich anhört, könnte zum Beispiel den eigenen Computer zum HiRes-Abspielgerät machen. Per USB lässt sich dieser mit einem externen D/A-Wandler verbinden, in dem das digitale Musiksignal zu einem hochwertigen analogen gemacht und dann zum Beispiel zu zwei Aktivboxen geschickt werden kann.
Auch Smartphone-Hersteller werben mit dem HiRes-Format
Tatsächlich bietet auch das Auto als kleiner, kompakter Hörraum ohne lästige Reflexionen eine sehr gute Klangumgebung, um HiRes zu hören. Portable Player gibt es auch schon einige auf dem Markt, die das Gleiche können wie der Pono-Player und etwa genauso viel kosten. Selbst einige Smartphone-Hersteller werben damit, dass die neuesten Modelle HiRes abspielen können. Doch was bei denen rauskommt, werde eher nicht hochaufgelöst sein, meint Christian Rechenbach.
"Diese internen Wandler können meist keine 192 kHz. Also, was wird gemacht, das Signal wird auf 48kHz heruntergerechnet und dann erst gewandelt. Das heißt, sie hören einen Ton, aber das klingt bei weitem nicht so gut, wie es könnte, weil das Signal beschnitten wird."
Doch wie gut klingt hochaufgelöste Musik wirklich? Hörtermin im Hifi- und High-End-Fachgeschäft Audiophonie in Hamburg. Der 66-jährige Birger gehört zur langjährigen Kundschaft:
"Ich gehöre zu den Urgesteinen oder zu den Sauriern. Ich hab einen ganz normalen Plattenspieler, CD-Player. Ich höre ausschließlich Klassik. Dass das rüberkommt in etwa - wird schwer - wie im Original. Und wenn man jetzt mit so viel Elektronik arbeitet oder mit diesem neumodischen Kram, dann wird das sehr stark verfälscht, es klingt wie aus der Konservendose."
Mit einem mobilen HiRes-Player und einem hochwertigen Kopfhörer hört er den "Sommer" aus den "Vier Jahreszeiten", neu interpretiert von Max Richter, in 192kHz/24 Bit Auflösung. Was sagt der gegenüber dem Digitalen eher skeptische Musikfreund dazu?
"Erstaunlich gut. Eigentlich könnte ich jetzt im Klartext sagen: Anlage brauch ich nicht mehr, ein Kopfhörer und dieses Gerät. Besser als ich dachte. Gut räumlich, sehr präzise, aber nicht kalt, es ist schon eine gewisse Atmosphäre drin. Ich bin sehr erstaunt, muss ich sagen."
Die mp3-Version des gleichen Titels, heruntergeladen bei Amazon, fällt dagegen etwas ab:
"Sehr bass-lastig. Ich fand, das ist zwar nicht schlecht, aber die erste Version war nun First-Class dagegen."
Diese "Vier Jahreszeiten" in hoher Auflösung können für 21 Euro von der Website www.highresaudio.com heruntergeladen werden. Der in Berlin ansässige Anbieter ist einer der großen Namen auf dem Markt. Klassische Musik stellt hier ungefähr die Hälfte des Gesamtangebots, sagt Geschäftsführer Lothar Kerestedjian:
"Danach kommt sehr stark mit 35 Prozent Jazz, und dann geht's in den Mainstreambereich."
Einige HiRes-Downloadshops haben ihren Ruf schon verspielt
Lothar Kerestedjian eröffnete seinen Online-Shop 2011, vorher musste er eine Menge Aufklärungsarbeit bei den Plattenfirmen leisten, damit diese ihm das hochwertigste Material zur Verfügung stellen.
"Man hat zwar an mein Geschäftsmodell nie geglaubt, aber so langsam spiegeln doch die Verkaufszahlen ein sehr positives Ergebnis, und dadurch drehen sich die Räder natürlich schneller, und ich bekomme auch mehr Material im Monat."
Dieses muss, bevor es online geht, genau unter die Lupe genommen werden. Einige HiRes-Downloadshops haben ihren Ruf nämlich schon verspielt, weil sie Musik anbieten, die fälschlicherweise als hochauflösend verkauft wird. Genau das versucht Lothar Kerestedjian bei highresaudio.com zu verhindern:
"Wir haben eine Spektrumsanalyse installiert, Software, die das Material auf seine Reinheit messen kann. Und da kann man deutlich sehen, ob es hochgerechnet ist, von CD-Qualität auf 24/96, das sehen wir sofort. Das passiert sehr oft, dass wir solches Material angeliefert bekommen."
Und auch das von den Plattenfirmen gelieferte echte HiRes-Material ist manchmal nicht so gut, dass es einen klanglichen Vorteil gegenüber einem anderen Format bringen würde.
"Und deswegen kann der Kunde nicht erwarten, dass wir die Top 100 der Amazon- oder iTunes-Charts abbilden, denn da ist genau das vorhanden."
Auch wenn der Pono-Player es schwer haben wird, sich gegen die portable Player-Konkurrenz durchzusetzen, der zeitgleich startende HiRes-Downloadshop von Neil Young könnte aufgrund der großen Unterstützung in der Musikergemeinschaft durchaus ein Erfolg werden - und damit dann auch die Klangqualität zukünftiger Pop- und Rockproduktionen positiv beeinflussen.
Im Jazz ist ein gängiger Trend, dass alte Masterbänder aus den 50er-, 60er-, und 70er- Jahren wieder hervorgeholt, neu abgemischt, mit neuester Studiotechnik noch einmal digitalisiert und dann als sogenanntes digitales Master in HiRes verkauft werden.
Lohnt sich bei diesen alten Aufnahmen eine HiRes-Fassung, ist ein Unterschied zur MP3-Version zu hören? Luca, 19, Abiturient macht den Blindtest.
"Ich denke, das was ich jetzt grad gehört habe, das was ich auch als erstes gehört hab, das ist mp3. Die hohen Töne waren aggressiver und haben schneller Unbehagen ausgelöst. Und bei dem, was ich danach gehört habe, war alles ein bisschen sanfter, ein bisschen natürlicher vom Klang."
Noch ist HiRes eine echte Nische, doch könnte es sein, dass mit den neuen Playern und HiRes-Downloadmöglichkeiten ein neues Bewusstsein für hohe Klangqualität entsteht. Dass das auch und vor allem für junge Menschen wie Luca gelten möge, ist das Ziel von
Neil Young.
"Man muss sich nur Erinnerung rufen, wie gut die Entwicklung der Sinne bei jungen Menschen ist, sie sind auf dem Maximum, sie können unfassbar gut hören. Allein schon damit ich gut schlafen kann, will ich um ihretwillen das echte musikalische Erlebnis ins 21. Jahrhundert bringen."
Mehr zum Thema