Hinterhältig, bitterböse und gemein

Von Susanne Burkhardt · 08.07.2005
Bodo Wartke ist Klavierkabarettist. - Klavierkabarettist? Georg Kreisler ist wohl der bekannteste und Konstantin Wecker der Populärste von ihnen. Und beide sind Vorbilder für den 28-jährigen Wahlberliner. Vorbilder, hinter denen er sich aber längst nicht mehr verstecken muss, denn die Preise, mit denen er bis heute überhäuft worden ist, lassen sich kaum noch zählen. Sein bisher wichtigster, das ist der "Deutsche Kleinkunstpreis" - doch Wartke präsentiert auf der Bühne mehr als Kleinkunst.
Man kommt irgendwie nicht vorbei am Klischee des perfekten Schwiegermutter-Traums. Er sieht nun mal wirklich nett aus und wirkt fast ein wenig schüchtern. Und auch Zeilen wie diese, dürften die Klischee-Schwiegermütter gerne hören.

Musik: "Ja, Schatz, du hast natürlich recht - ja Schatz, ja ich weiß das war schlecht, ja schatz, nein, ich möchte keinen Streit, ja schatz, es tut mir schrecklich leid. "

Aber Vorsicht: dieser Mann ist hinterhältig, bitterböse und gemein!

Musik: " "Ich stell mir gerade vor, ich schneide ihr ein Ohr ab - ach was, papperlapapp, ich schneide beide ab - ich schwinge guter Dinge meine Axt und singe, als ich mit der Klinge deinen Hals durchdringe... "

Bodo Wartke mag sein Netter-Junger-Mann-Image:

"Ich find das super - vor allem, das bewirkt, das man mir bestimmte Sachen nicht zutraut. Wenn man sich so sieht auf der Bühne, nett und adrett gekleidet, im Anzug, Klavier spielen kann er auch - gut singen - dann erwartet man nicht, dass solche Sachen kommen wie "Ja Schatz" und andere Dinge, wo es um Mord und Totschlag geht. Diese Überraschung nutze ich mit einer diebischen Freude aus - das macht mir Spaß. "

Wartke ist eher unscheinbar: schlank, mittelgroß, trägt eine Brille, zwischen Kinn und Unterlippe wächst ein winziges Bärtchen. Auf der Bühne trägt er meist einen dunklen Anzug mit Weste - dazu mal ein rotes, mal ein gelbes Hemd.

Musik: "Sie haben vielleicht schon bemerkt - das Hemd, das gelbe, ist immer noch dasselbe. Sie ahnen vielleicht warum - es reimt sich so schön. "

"Meine Mutter sagt immer ich sehe im Profil aus wie Nick Knatterton - das stimmt - ich habe so ein recht vorstehendes Kinn. Man erkennt mich im Wesentlichen daran, was ich so sage - nicht an meinem Aussehen... "

Zu sagen hat er viel - vor allem, wenn er auf der Bühne steht. Die Lieder des überzeugten Romantikers kreisen um ein zentrales Thema: das Phänomen Liebe.

"Ich glaube, das ist das Thema wo einfach jeder was zu sagen hat - was jeder erlebt hat in irgendeiner Form - der gemeinsame Nenner bei uns Menschen. "

Musik: "Sie ist wie alle Töchter der Liebling ihres Vatis - und so operiert er sie natürlich immer gratis - kaum kommt er abends von der Arbeit nach Haus probiert er gleich die neuen Trends bei ihr aus... "

Mal ist seine Freundin die Tochter eines Schönheitschirurgen, dann wird er zum Vampir und verliert die Liebsten an seine Blutsucht - mal ist er gräßlich vergeßlich und quält sich mit dem Verfassen von Reimen. Bodo Wartke war schon oft unglücklich verliebt - das ist gut für seine Songs, denn bekanntlich macht Leiden kreativ. In seinen schwarzhumorigen Liedern geht es aber nicht nur um die Liebe - sondern auch um ganz Alltägliches: Absurdes und Normales, einfühlsam und manchmal tiefsinnig verarbeitet von einem Kabarettisten, der sich dabei am liebsten über sich selbst lustig macht.

"Meine Texte spiegeln sehr wieder, was ich erlebe. Erfahrungen die ich gemacht habe - natürlich überspitzt, manche auch eins zu eins... - es ist aberwitzig, was einem im Alltag widerfahren kann - man muß halt nur wach sein dafür und das Witzige daran erkennen. "

Auch vor Schiller macht er nicht halt und verarbeitet passend zum Schillerjahr in dem Lied "Bürgschaft" Zitate des Klassikers. Erzählt wird die Geschichte eines Mannes, der nackt im Bett einer fremden Frau aufwacht und sich vor ihrem eifersüchtigen Freund retten muß - am Ende dann die lebenserhaltende Moral:

Musik: "Stehst du mit blankem Pillermann vor einem kranken Killer, dann spiel nicht den Gorilla, zitiere lieber Schiller... "

Seit fast zehn Jahren schon steht Bodo Wartke auf den Kleinkunstbühnen Deutschlands - entdeckt wurde der gebürtige Bad-Schwartauer in Berlin als Moderator für eine Variete-Show. Inzwischen hat er selbst seine anfangs skeptische Mutter davon überzeugt, dass es richtig war, erst die Pläne fürs Medizin-, danach fürs Lehrerstudium aufzugeben. Denn auch wenn man die Menschen als Kabarettist nicht heilen kann, so sorgst …

"Sorgst du unter umständen dafür, dass sie gar nicht erst krank werden. "

Der musikalisch-niveauvolle Unterhalter komponiert seine Texte selbst - er singt nicht nur, sondern steppt auch, summt und schreit und redet mit dem Publikum, das für ihn die zentrale Rolle spielt. Ein politischer Kabarettist ist Bodo Wartke nicht - es sei denn, man versteht Politik in einem größeren Zusammenhang - jenseits von parteipolitischem Gezänk.

"Was gibt es für Mißstände, für Ungereimtheiten, das sind Sachen die mich interessieren, die zu nennen und damit umzugehen. "

Bodo Wartke will mit seinen Miniatur-Dramen die Schwere aus den Alltagsproblemen nehmen. So auch in "Ja, Schatz", dem Lied, in dem ein frustrierter Ehemann Pläne schmiedet, seine Frau mit einer Axt umzubringen und sich letztlich doch nicht traut.

"...und ich hab die erschreckende Erfahrung gemacht, dass viele Leute sich in dem Lied wiedererkennen und sagen, Herr Wartke, genau das was sie da singen hab ich schon oft gedacht. Aber die haben auch gleichzeitig gedacht, es befreie sie total - sie hatten erstmals das Gefühl über sich und die Situation herzhaft lachen zu können. "

Und wer erstmal über sich lachen kann, der findet schließlich auch eine harmlose Verwendung für seine Axt.


Mit seinem Programm "Achilles-Verse" ist Bodo Wartke in Deutschland unterwegs - zu sehen am 28. und 29. Juni im Quatsch-Comedy-Club in Berlin, danach am 8. und 9. Juli in Bad Staffelstein und nach der Sommerpause am 8. September in Aschaffenburg, 9. Und 10. September in Köln. Bodo Wartke gibt es auch im Internet. Unter www.bodowartke.de finden Sie Tourenplan, sein Reisetagebuch der Deutschen Bahn und den Liebesliedgenerator in über 40 Sprachen.