Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Jazzklassiker
Die stille Revolution

1961 erschienen die Alben "Fusion" und "Thesis" des Jimmy Giuffre Trios: Der feinsinnige, experimentierfreudige Kammerjazz blieb bei Erscheinen nahezu unbeachtet, entfaltete aber später vor allem in Europa enormen Einfluss. Eine Wiederbegegnung mit überraschend frischer Musik.

Am Mikrofon: Niklas Wandt | 21.05.2021
    Auf dem s/w Bild ist ein Mann im Anzug und mit Hemd und Krawatte zu sehen, der eine Klarinette in den Händen hält.
    Jimmy Guiffres bekannteste Komposition ist "Four Brothers" der Woody Herman Band. (imago / Maynard Frank Wolfe)
    Jimmy Giuffre hatte bereits eine beachtliche Karriere als Holzbläser, Komponist und Arrangeur des Big Band- und Westcoast-Jazz hinter sich, als er sich mit 40 noch einmal auf ganz neues musikalisches Terrain begab. 1961 stieß er mit Paul Bley am Piano und Steve Swallow am Kontrabass in ungewohnte, experimentelle Gefilde vor. Eigenwillig komponierte Miniaturen, unter anderem die ersten Stücke der jungen Carla Bley, sind hier das Sprungbrett für Improvisationen, die sich mitunter komplett von Metrum und Harmonik lösen. Im Gegensatz zum wenig später aufkommenden Free Jazz ist der Fokus hier aber nach innen gerichtet - statt eruptivem Powerplay hört man eine versponnene, behutsam tastende Kammermusik mit düster-warmem Bluesfeeling. Diese Ästhetik wurde prägend für den europäischen Jazz der 70er-Jahre. Am 26. April wäre Jimmy Giuffre 100 Jahre alt geworden. Doch auch 2021 klingt die Musik seines Trios noch frisch und aktuell.