Heinz Rudolf Kunze über Coverversionen

"Die schönste Auszeichnung, die man bekommen kann"

07:49 Minuten
Der Musiker Heinz Rudolf Kunze trägt Winterkleidung und eine schwarze Brille und schaut freundlich in die Kamera.
Sobald ein Lied veröffentlicht wird, ist es eben auch "Allgemeingut", sagt Liedermacher Heinz Rudolf Kunze. © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Moderation: Dieter Kassel · 08.12.2020
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Der eigene Song, von talentlosen Hobbymusikern oder betrunkenen Partygästen performt: Da klappen einem schon mal die Zehennägel hoch, meint Heinz Rudolf Kunze. Und doch freut er sich über die Cover.
Mit allerlei schiefen Tönen quält sich ein Straßenmusiker in Berlin durch den 80er-Jahre-Hit "Smalltown Boy", als plötzlich ein kleiner, kahlköpfiger Mann, der gerade seinen Hund spazieren führt, hinzutritt und mitsingt - perfekt intoniert und verdächtig nah am Original.

Das Schicksal der Ohrwurm-Schreiber

Der da vermeintlich oder wirklich spontan dazukommt, ist tatsächlich "Bronski Beat"-Sänger Jimmy Somervillle. Er teilt das Schicksal vieler Musiker, die echte Ohrwürmer geschrieben oder gesungen haben: Die Lieder werden oft von Amateuren gecovert und auf der Straße, auf Jahrmärkten und Familienfeiern vorgetragen. Nicht immer zum Besten des Stücks.
Auch der Liedermacher Heinz Rudolf Kunze hat mit "Dein ist mein ganzes Herz" einen Song geschrieben, der gleichsam zum Volkslied geworden ist und bereits auf unzähligen Hochzeiten und Geburtstagsfeiern von weniger begabten Sängern nachgesungen wurde.
Klar könnten einem da schon mal die Fußnägel hochklappen, meint Kunze. Aber der Stolz und die Freude, mit einem Lied ins kollektive Unbewusste vorgedrungen zu sein, überwiege: Das sei "doch eigentlich die schönste Auszeichnung, die man bekommen kann".
Insofern wünscht sich Kunze eigentlich, dass jeder seiner etwa 500 Songs gecovert wird: "Ich wäre bei jedem darauf gespannt, wie das aus einem anderen Mund klingt."

Die Querdenker singen John Lennon nach

Die Freude an der Verbreitung der eigenen Musik hat bei Kunze aber auch Grenzen - etwa, wenn ein Stück für Wahlkampfzwecke von einer Partei oder einem Politiker missbraucht werde. Dagegen könne man dann aber vorgehen, sagt er. Schwieriger sei es, wenn "irgendeine diffuse Bewegung" sich ein Lied zu eigen mache, so Kunze mit Blick auf die Querdenker-Bewegung, die mit John Lennons Song "Imagine" unterwegs war.
"Dann ist man natürlich ein bisschen hilflos. Sobald die Lieder veröffentlicht sind, das sagt ja das Wort, sind sie eben auch Allgemeingut und für die Öffentlichkeit zugänglich. Und dann hat man als Künstler nicht den ganz großen Zugriff auf das, was damit geschieht."
(uko)
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