Heiner Koch

Eine rheinische Frohnatur als Erzbischof von Berlin

Der neu ernannte Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, spricht am 17.09.2015 im Bischöflichen Ordinariat in Berlin.
Der neu ernannte Erzbischof von Berlin, Heiner Koch © picture-alliance / dpa / Michael Kappeler
Von Claudia van Laak · 19.09.2015
In die Rolle als Erzbischof der Hauptstadt muss sich der 61-jährige Rheinländer erst noch hineinfinden. Jetzt tritt Heiner Koch feierlich sein Amt an. Von den Berliner Katholiken wünscht er sich mehr politisches Engagement.
"Das sind Dekrete, die müssen gesiegelt werden und dafür müssen die neuen Siegel da sein. Gut, mache ich gleich fertig, wenn er rauskommt."
Die dienstbaren Helferinnen des Erzbischofs schwirren herum. Letzte Vorbereitungen, bevor Heiner Koch seine neuen Räume in Berlin Mitte bezieht – gleich um die Ecke befindet sich das Auswärtige Amt .
Noch sind die Umzugskisten aus Dresden nicht ausgepackt. Ein Stapel Autogrammkarten liegt herum, eine Kiste Zigarren aus Kuba. Ein Geschenk, wird er später sagen, der Nichtraucher. Auftritt des Erzbischofs. Es bleibt nichts anderes übrig – das Klischee von der rheinischen Frohnatur muss bedient werden.
Rosiges Gesicht, fester Händedruck
Ein nicht sehr großer, kompakter grauer Herr in schwarzer Priesterkleidung. Rosiges Gesicht, fester Händedruck, in sich ruhend und freundlich-zugewandt. Das ist Heiner Koch, 61 Jahre alt, geboren in Düsseldorf, dort gut katholisch aufgewachsen:
"Ja, meine Eltern kommen aus Schlesien, sind vertrieben worden. Bin in einer Arbeiterpfarrei, in der ich mich sehr wohl gefühlt habe und die noch immer meine Heimatgemeinde ist, groß geworden. Kirchlich zuhause."
Heiner Kochs Weg ist gradlinig. Abitur, Studium von Philosophie, Erziehungswissenschaft und Theologie, Promotion. Zwei Jahre lang begleitet er seinen sterbenden Schwager – in dieser Zeit fällt die Entscheidung, Priester zu werden:
"In Gesprächen mit ihm stellte sich die Frage, was ist dir wertvoll, wofür willst du dein Leben einsetzen, was ist es dir wert? Das war die existenzielle Entscheidung."
Heiner Koch dreht gedankenverloren an einem auffällig breiten und dicken goldenen Ring mit einer Christus-Figur. Das ist der schlesische Christus, sagt er, zieht den Ring vom Finger und zeigt ihn:
"Das ist der Ring, den ich geschenkt bekommen habe in Breslau zu meiner Bischofsweihe. Mein Vater stammt aus Breslau. Und ein Domkapitular kam und brachte mir zu meiner Weihe diesen Ring als Zeichen der Verbundenheit mit meinen Eltern. Das hat mich sehr bewegt und ich trage den seitdem gerne."
Intellektuell und theologisch sattelfest
Der neue Berliner Erzbischof fühlt sich in mehreren Milieus zu Hause – er ist intellektuell und theologisch sattelfest – erprobt als Studentenpfarrer in Düsseldorf. Gleichzeitig volksnah-bodenständig, ganz verwurzelt in den rheinisch-katholischen Karnevals- und Schützenvereinen. Nach wie vor gibt es einen Schützenzug mit Namen "Koch´sche Jongs". Nur mit dem Schießen wollte es nie so richtig klappen.
"Ich habe erst überhaupt dort ein bisschen schießen gelernt. Aber meine ersten Schüsse gingen so weit daneben, dass ich für den Schützenkönig nicht infrage kam."
Heiner Koch kann auch ernst werden. Zum Beispiel wenn es um Pegida geht. Von dieser Bewegung hat er sich als Dresdner Bischof scharf distanziert. In Berlin will er sich dafür einsetzen, dass die Pfarreien den Wunsch von Papst Franziskus umsetzen und Flüchtlingsfamilien aufnehmen. Das Erzbistum stellt insgesamt 500.000 Euro zur Verfügung, damit gemeindeeigene Wohnungen saniert und entsprechend möbliert werden können:
"Das Wesentliche ist ja das Miteinander. Wir stehen jetzt an der Herausforderung, ob wir Ghettobildung zulassen – und was jetzt so gebaut wird, bleibt Jahrzehnte Ghetto, so fürchte ich. Oder ob wir integrieren. Die Familien, die Kinder mitnehmen."
Keine einfache Rolle als Hauptstadtbischof
In seine neue Rolle als Hauptstadtbischof muss er erst noch hineinfinden. Sein Vorgänger Rainer Maria Kardinal Woelki fremdelte damit, mochte den Auftritt vor großem Publikum auf dem roten Teppich bis zum Schluss nicht. Heiner Koch wünscht sich mehr politisches Engagement von den Berliner Katholiken. Und auch von den Brandenburgern und Mecklenburgern, für die ist er ja auch zuständig.:
"Ich halte das für wichtig. Wir sind als Kirche keine Gettokirche und wir müssen uns in die Gesellschaft einbringen. Das ist eine wichtige Geste gegenüber denjenigen, die Verantwortung tragen. Ich halte es aber auch für wichtig, dass wir signalisieren, dass wir Menschen ermutigen, in den politischen Bereich zu gehen. Denn es ist ja nicht so, dass da ein Andrang herrscht."
Koch selber will sich nicht in eine politisch-theologische Schublade stecken lassen. Tendenziell gilt er als moderat, er stellt mehr Fragen, als er Antworten gibt, drückt sich vor klaren Positionierungen. Homosexualität ist für ihn keine Sünde, die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe kommt für den neuen Berliner Erzbischof allerdings nicht in Frage. Alles andere wäre auch eine Revolution.
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