Heimkino

Gamer als Rockstars

Ein Computerspieler auf der "Gamescom" in Köln.
Ein Computerspieler auf der "Gamescom" in Köln. © picture alliance / dpa / Foto: Oliver Berg
Von Hartwig Tegeler  · 19.07.2014
2011 fand in Köln ein großes Computerspiel-Turnier statt. Dabei gab es zum ersten Mal Preisgelder in Höhe von 1,6 Millionen US-Dollar zu gewinnen. Nun gibt es eine Dokumentation über das E-Sportevent.
Computerspiele, sie waren immer alles für mich. Sagt Danil Shutin aus der Ukraine. Als er mit seinem Team Na´Vi 2011 eine Millionen US-Dollar auf dem Dota-2-Turnier in Köln gewinnt, ist er 22 Jahre alt. Alles bedeuten ihm und Benedict Lim und Clinton "Fear" Loomis diese Spiele. Aber die Frage, die sich allen stellt: Sollen sie Profis werden? E-Sport-Profis? Und versuchen, als Gamer, als Spieler von Computerspielen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen? Und würden sie Alexander Kohanovsky glauben, wenn der bezüglich des Alters von E-Sportlern sagt:
Da darfst du nicht älter sein als 25, 26 Jahre. Denn danach, meint Profi-Spieler Kohanowsky, verschlechtert sich deine Reaktionszeit, und du kannst nicht mehr so schnell klicken wie die Kids. Kurzum, auch der E-Sport ist ein hartes Geschäft. Oder wurde es auf Profi-Ebene spätestens, als das erste Mal eben 2011 in Köln insgesamt 1,6 Millionen US-Dollar Preisgeld lockten. Das höchste Preisgeld aller E-Sport-Zeiten.
Dota-2, das in Köln gespielt wurde, ist ein Echtzeit-Strategiespiel. Entwickelt von der US-Firma Valve und kostenlos. Ein Multiplayerspiel; es treten Gruppen aus fünf Spielern gegeneinander an. Die Dokumentation "Free to Play" begleitet drei dieser Gamer, die zum großen 2011er-Turnier in Köln anreisen: Clinton aus Oregon, Benedict aus Singapur und Danil aus der Ukraine.
Kein Film über pädagogische Bedenken
Produziert wurde diese Dokumentation von der Spiele-Firma Valve. Und natürlich ist "Free to Play" damit auch ein 75-Minuten-Werbeclip fürs eigene Spiel - und wohl auch deshalb wie auf Youtube kostenlos zu sehen oder downzuloaden. Ein Film, der mit den Bildern des Kölner Turniers begeisterte Computerspiel-Fans zeigt und die Dramatik eines großes Sport-Ereignisses vermittelt. Dies ist eben kein Film über pädagogische Bedenken zu Computerspielen. Vielmehr gibt diese Doku einen aufschlussreichen Einblick in die Szene und in ein immer größer werdendes Geschäft. Was gerade im Vergleich mit der Rezeption von Computerspielen in Asien und Europa hier deutlich wird.
Ihm ginge es darum, sagt Clinton Loomis, einer der bekanntesten Spieler aus den USA, sich mit den anderen zu messen. Das könne er in Dota-2 gut ausleben.
Nachdem sein Team beim Kölner Turnier allerdings geschlagen wurde, überlegte sich Clinton "Fear" Loomis einmal mehr, ob er als Profi-Gamer seinen Lebensunterhalt wird verdienen können. In Asien bedeutet E-Sport jedoch auch heute schon eine professionelle Karrieremöglichkeit. Dort, meint in "Free to Play" der E-Sport-Experte James Harding, nehmen sie Gaming viel ernster.
Nur um ein Beispiel zu nennen, erzählt Harding: Vor einem Weltmeisterschaftsspiel der koreanischen Fußballnationalmannschaft, lud die sich professionelle Gamer in ihren Umkleideraum ein. Damit die Fußballer vor dem Spiel zur Motivation noch einmal ihre Helden treffen konnten. - Dass die Dokumentation "Free to Play" von "fremden Welten" erzählt und neuen Geschäftsfeldern erzählt, das macht diese Anekdote deutlich. Denn dass sich hierzulande Müller, Neuer, Schweinsteiger oder Lahm von Gamern einen Motivationskick verpassen lassen würden: schwer vorstellbar. In Asien aber gelten Die Dokumenation "Free to Play"s und Gaming ist ein normaler Job mit einer riesigen Fangemeinde.
Experten: Der E-Sport wird größer sein als Fußball
Auch wenn die Aufmerksamkeit in den traditionellen Medien gering ist, prognostizieren die Experten in der Doku "Free to Play": In 15 Jahren wird der E-Sport größer sein als Fußball oder Basketball. Immerhin machen Computerspiele schon heute den größten Teil der Unterhaltungsindustrie aus. Wer weiß, wenn einer diesen Jungen - ja, fast alle männlich -, wenn einer, von dem man dachte, dass er zu viele Videospiele spielt, möglicherweise 250.000 Dollar im Jahr verdient, um die Welt fliegt und Sponsoren hat? Ein nicht allzu ferner Blick in die Computerspiel-Zukunft.
Danil aus der Ukraine hat auf Twitter inzwischen jedenfalls nach seinem Sieg in Köln mehr Follower als die Fußballnationalmannschaft seines Landes. Merkwürdig nur: Das letzte Bild der Valve-Dokumentation "Free to Play" zeigt Danil, den Crack im Dota-2-Spiel, an einem Fluss. Nicht digital, sondern ganz old fashioned analog beim Angeln. Das, was er immer mit seinem verstorbenen Vater gemacht hat. Ein merkwürdig berührendes Bild in einem Film über eine digitale Welt, die wahrscheinlich nur noch als Nischen-Kosmos erscheint. 600.000 Gamer sollen täglich gleichzeitig auf den weltweiten Servern Dota-2 spielen. Und es werden wohl immer mehr.
Mehr zum Thema