"Heimkehrerlied"

Hymne auf den Ferien-End-Koller

Ein Mann springt am 16.07.2014 in das Becken im Freibad Volksbad Limmer in Hannover (Niedersachsen).
Zurück im Alltag - der sommerliche Spaß ist vorbei. © picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte
Von Gesa Ufer · 05.09.2014
Der Sommer geht in die Endrunde, und die meisten Urlauber sind schon wieder brav zurück. Über die Gefühlslage, die sich in genau diesem Moment einstellen kann, hat der Kölner Musiker und Autor Peter Licht einen Song geschrieben: das "Heimkehrerlied".
Zugegeben, ganz neu ist er nicht, und doch klingt dieser Tage kaum ein Song passender. 2008 erschien das "Heimkehrerlied" auf dem Album des publikumsscheuen Kölners mit dem passenden Titel "Melancholie und Gesellschaft".
Soll das alles gewesen sein? Wir sollen ab sofort wieder brav in den Alltag zurückkehren? Uns ohne zu murren wieder ins Hamsterrad werfen? Und das schlimmste: Wieder zurück in unsere alte verhasste Haut? Peter Licht rebelliert nicht angesichts dieses Skandals, sondern ergeht sich in tiefer, schöner Melancholie:
//Der Sommer ist aus
Und du fährst nach Haus
Oder besser dran vorbei
Vorbei, vorbei//
//Die Felder sind leer
Die Halme stehen nicht mehr
Ganz genau wie deine Leute
Davon standen auch mal mehr als Heute//
Das klingt fast so, als käme da einer aus dem Krieg zurück, einer, der seine alte Heimat kaum noch erkennt, verstört und verwundert ob der Verluste. Doch die Gefährten dieses lyrischen Ichs sind in keinem realen Krieg gefallen, sie sind unter der Last des Alltags und der Verhältnisse umgeknickt wie Strohhalme.
//Der Sommer ist aus
Du packst die Koffer aus
Oder lieber wieder ein
Lieber wieder ein//
//Um Himmels Willen
Wer hat dich hierher gebracht
In die Fremde deiner Wände.//
Kein Zweifel: Hier sitzt jemand in der Falle und sucht nach dem Ausgang. Wo sind die alten Ideale hin? In der Rückblende scheint kurz das unverbogene Ich von früher auf.
//Der Sommer ist aus
Der Sommer ist aus//
//Sitzt jetzt hinten im Bus
Knickst dir die Knie ins Gesicht
Suchst vergeblich nach Gesichtern//
Für andere vielleicht ein halbstarker Flegel, ein junger unverstandener Rebell in der letzten Reihe des Schulbusses. Mit Sicherheit wollte dieser zornige junge Mann einmal ganz woanders hin als die Spießer um ihn herum. Und heute? Wo ist er angekommen? Was ist aus ihm geworden?
//Und zu Haus da winkt ein Depp
Aus deinem Haus heraus
Winkt genau mit deinem Winken//
//Trägt deine Hemden, deine Hosen
Schnibbelt hilflos an den Rosen
Winkt genau mit deinem Winken//
Da sieht sich einer im Zerrspiegel der Zeit. Über die Jahre zu einer Karikatur seiner selbst geworden. Wie konnte es soweit kommen?
//Wir haben uns irgendwo stehen gelassen
An fremden Stränden, fremden Straßen
An Häfen und Trassen//
//Seitdem geistern wir umher
In fremden Händen, in fremden Wänden
Ganz genau wie meine Leute
Davon geisterten auch mal mehr als Heute//
//Der Sommer ist aus
Der Sommer ist aus
Doch ich möchte dich wieder sehen
In einem anderen Land
Verwunschen und wunschlos.//
Ab hier betreten wir mit Peter Licht das Märchenland. Das lyrische Ich hebt in ätherische Höhen ab, der Traum von der Selbstfindung, von dem In-Eins-Fallen von Wunsch und Wirklichkeit, der Traum vom richtigen Leben im richtigen - er ist eine große watteweiche Illusion. Mehr nicht. In diesem Sinne: Der Sommer ist aus. Willkommen zuhause!
//Ich möchte dich wiedersehen
In einem anderen Land
Ganz genau wie meine Leute//
//Ich möchte dich wiedersehen
Dich wiedersehen//
//Ganz genau wie meine Leute
Ganz genau wie meine Leute//