Heiliger Sternenkrieger!

Von Bernd Sobolla · 04.12.2010
Der Kampf von Gut gegen Böse, zölibatäre Lichtschwert-Krieger und eine wundersame Empfängnis: Die "Star Wars"-Reihe von George Lucas spielt mit vielfältigen religiösen Motiven. Die Einzelheiten lassen sich jetzt in einem Buch nachlesen.
"Star Wars", das sind Raumschiffe, die in Lichtgeschwindigkeit durchs Weltall fliegen, mit allerlei kuriosen Wesen, darunter Roboter und Droiden, dazu eine Prinzessin, ein großer und viele kleine Helden und eine Macht, die alles zu zerstören droht. Kurz: Ein märchenhaftes Science-Fiction-Epos, das seine Anziehungskraft unter anderem daraus bezieht, den mythologischen Kampf Gut gegen Böse zu zelebrieren.

Doch "Star Wars" darauf zu reduzieren, dagegen schreibt der Autor Christian Feichtinger an. In seinem Buch führt er aus, wie George Lucas den Zeitgeist der '70er-Jahre erkannte und Elemente von Christentum und Judentum, Buddhismus und Daoismus, New Age und C.G. Jung einsetzte, um "Star Wars" Tiefe und Anziehungskraft zu geben.

"Man muss da auch immer Joseph Campbell, den Mythenforscher, im Hinterkopf behalten, den ja Lucas sehr verehrt. Und für Campbell waren alle Religionen auf einer gemeinsamen Basis, auf gemeinsamen Grundthemen übergeordnet. Und an das hat auch Lucas geglaubt. Und insofern hat er kein Problem, auch verschiedene religiöse Themen, verschiedene religiöse Symbole zu verbinden. Und das hat gleichzeitig auch sehr stark den Nerv der Zeit getroffen."

So ähnelt die Jedi-Ritter-Ausbildung von Luke Skywalker in Georg Lucas "Star Wars"-Epos einerseits japanischen Samurai-Idealen, die beeinflusst waren von Buddhismus und Daoismus; sie erinnert aber ebenso an Dialoge, die Jesus mit seinen Jüngern führte, zum Beispiel in der Folge V.

Ist die dunkle Seite stärker? / Nein, nein, nein! Schneller, leichter verführerischer. / Aber wie kann ich die gute Seite von der schlechten Seite unterscheiden? / Erkennen wirst du es, wenn du Ruhe bewahrst. Frieden. Passiv. Ein Jedi benutzt die Macht für das Wissen, zur Verteidigung. Niemals zum Angriff.

Im ersten Teil des Buches setzt der Autor zunächst im antiken Griechenland an, wo das Gute durch schöne Körper dargestellt wurde. Denn, so der Glaube, das Gute - ein Abbild der Harmonie von Seele und Körper - muss einen schönen Körper haben. Das Böse hingegen wurde oft durch übernatürliche Wesen mit Deformationen, mit mehreren Köpfen oder Gliedmaßen gezeigt. So sind die Vertreter des Imperiums in "Star Wars" meist unkenntlich in militärische Uniformen gehüllt. Und Darth Vader – ihr Anführer ganz in schwarz - wirkt besonders bedrohlich: mit kantiger Maske, Stahlhelm und verzerrter, technischer Stimme.

"Das war durchaus der Hintergedanke auch: Eine Abhängigkeit des Lebens vom Technischen zu betonen und auch negativ zu akzentuieren. Und es widerspiegelt auch das Imperium als Ganzes, in dem ebenfalls Technik das Leben, die Individualität im Prinzip unterwirft."

Bei den "Star Wars"-Folgen 1 bis 3 konzentriert sich Feichtinger vor allem darauf, wie George Lucas die Geburt von Jesus Christus für sein Werk nutzt. Denn Shmi Skywalker empfängt ihren Sohn Anakin auf wundersame Weise - einen Erzeuger gibt es nicht. Schon als Kind zeigt er außergewöhnliche Fähigkeiten. Und der Verheißung nach ist er der "Auserwählte", der die Macht ins Gleichgewicht bringen soll.

Womit wir beim zentralen Thema wären: dem Kampf von Gut und Böse, von Jedi- und Sith-Orden. Geschickt führt der Autor aus, wie "Star Wars" die Übergänge von Gut zu Böse oder umgekehrt zeigt. So wird der Jedi Anakin Skywalker, der die messianische Hoffnung verkörpert, zu Darth Vader, weil er sich von der dunklen Seite der Macht vereinnahmen lässt. Er wird zu einer Art Luzifer, einem gefallenen Engel. Erst am Ende ist er in der Lage, sein Erlösungswerk zu vollbringen. Der anfangs egoistische Han Solo hingegen mutiert zum selbstlosen Helden. Und zu den auffälligsten Wesenszügen der besten Jedi – nämlich Obi-Wan und Luke Skywalker – gehören Mitgefühl, Nächstenliebe und Opferbereitschaft – die christlichen Tugenden wie in der zweiten Trilogie.
Ah, ich kriege diese Vision nicht wieder aus meinem Kopf. Es sind meine Freunde. Ich muss ihnen helfen. / Aufbrechen darfst du nicht. / Aber Han und Lea werden sterben, wenn ich es nicht tue. / Das weißt du nicht. Selbst Yoda kann ihr Schicksal nicht voraus sehen. / Aber ich kann ihnen helfen. Ich fühle die Macht. / Aber du kannst sie nicht beherrschen.

Dass Jedi nicht einfach nur Ritter sind, sondern eher Priester, unterstreicht George Lucas dadurch, dass sie zölibatär leben, um sich ganz ihrer Aufgabe zu widmen. Und für die individuellen Kämpfe benutzen sie Lichtschwerter, eher ein Symbol als eine Waffe, wodurch der Schwertkampf – angelehnt an die Samurai - eine spirituelle Bedeutung bekommt. Darth Sidious schließlich verkörpert das absolut Böse: Der dunkle Lord der Sith wirkt mit schwarzem Umhang, blassem Gesicht, verhülltem Körper wie ein mittelalterlicher Sensenmann – der personifizierte Tod. Der Autor wollte – und das ist ihm gelungen – nahezu alle religiösen Aspekte in "Star Wars" thematisieren: Schuld und Vergebung, Erlösung und Askese, Transzendenz und Bestimmung am Ende von Episode 5.

Luke, du kannst den Imperator vernichten. Er hat es vorausgesehen. Es ist deine Bestimmung. Verbünde dich mit mir! Gemeinsam können wir als Vater und Sohn über die Galaxis herrschen. … Komm mit mir! Das ist der Weg, der dir bestimmt ist.

Christian Feichtinger hat ein spannendes und unterhaltsames Buch geschrieben. Und auch wenn er einige Aspekte etwas kürzer hätte fassen können, ist ihm eine vielschichtige Analyse geglückt, das Ganze übersichtlich strukturiert. Schön wäre allerdings noch ein Interview mit George Lucas gewesen. Denn nicht alles, was Kritiker und Wissenschaftler manchmal in Filmen entdecken, war von den Machern beabsichtigt. Feichtinger ging es vor allem darum, ein stärkeres Bewusstsein für den Körper als Medium von Bedeutung zu entschlüsseln.

"Das heißt daran denken, dass Körper nichts Natürliches sind, sondern heute mehr denn je in unserer digitalen Welt geformte, gestaltete Ausdrucksmedien, die Botschaften transportieren. Das heißt unsere ganze Medien-, Werbewelt ist voll von Körpern, und diese Körper haben uns etwas zu sagen über Werte, Ideale, Normen. Und ich glaube, dass man da noch mehr Sensibilität erreichen kann."
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