Heike-Melba Fendel: "Zehn Tage im Februar"

Hinter den Kulissen der Glamour-Welt

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© Blumenbar Verlag / dpa / Horst Galuschka (Bildmontage: Deutschlandradio Kultur)
Von Edelgard Abenstein · 03.02.2017
Heike-Melba Fendels erster Roman handelt von einer Filmkritikerin: Nichts liebt diese mehr als den Moment, wenn im Saal das Licht ausgeht und die noch leere Leinwand verheißungsvoll leuchtet. "Zehn Tage im Februar" ist oft hübsch erzählt, voller Selbstironie und Leichtigkeit - der Roman zur Berlinale.
Auf einem klapprigen Fahrrad rast eine Frau im blauen Abendkleid durch das nachtkalte Berlin. Sie hat es eilig, weil sie wie immer zu spät aufgebrochen ist. Sie muss pünktlich im Kino sein, sie muss zur Eröffnung der Berlinale.
Von nun an befindet sie sich im Ausnahmezustand, zehn Tage lang zwischen Small-talk, Blitzlichtgewittern, Promi-Zirkus. Sie macht sich an Tim Robbins ran, mit dem Festivaldirektor, der die Namen seiner Jurymitglieder vergisst, legt sie sich an, dazwischen jagt sie besessen nach dem ultimativen Film, einem, der restlos von ihr Besitz ergreift.
Heike-Melba Fendels erster Roman handelt von einer Frau, die, nicht mehr ganz jung, in ihrem Beruf als Filmkritikerin und als Inhaberin einer Agentur für Schauspieler sehr erfolgreich ist. Nichts liebt sie mehr als den Moment, wenn im Saal das Licht ausgeht und die noch leere Leinwand verheißungsvoll leuchtet: Es ist wie ein Versprechen auf das ganz andere Leben, in dessen Geschichten sie ungekannte Rollen anprobiert wie neue Kleider.
Geschickt verknüpft die Autorin, die mit ihrer Heldin den Beruf teilt, Episoden von der Berlinale mit Rückblicken auf alle möglichen Filmfestspiele, in Cannes, Edinburgh oder Hof. Sie leuchtet hinter die Kulissen der Glamour-Welt, indem sie die Tricks offenbart, mit deren Hilfe die Ich-Erzählerin sich samt ihrer fotografierenden Freundin an der Croisette einschmuggelte und es schaffte ("immer zuerst die Damen anlächeln"), von Peter Weir, dem Regisseur von "Green Card", zum Gespräch gebeten zu werden.
Man liest von falsch eingestellten Aufnahmegeräten, Totalabstürzen an der Ritz-Carlton-Bar und den Segnungen von Gruppeninterviews, in denen kundig-fragende Kollegen aus aller Welt der schlecht vorbereiteten Elevin den Gratisstoff für ihre ersten Doppelseiten liefern. Diese Szenen sind hübsch erzählt, voller Selbstironie und Leichtigkeit.

"Der Mann" ist ein wenig langweilig

Weniger leicht kommt die Liebesgeschichte daher, die der Roman neben dem Trubel des Filmfestivals auch skizziert. Seit 20 Monaten lebt die Heldin mit ihrem Freund, irritierend nur "der Mann" genannt, in einem Tempelhofer Eigenheim. Alles ist perfekt, vor allem er, ihr Mr. Right, mit holzschnittartig gezeichneten Eigenschaften: fürsorglich, großzügig, zugewandt, treu; ein wenig langweilig also.
Im Gegensatz zu ihr, die sich nicht festlegen möchte und im Kino immer neue Gefühle sucht, hat er einen Hang zu romantischen Komödien, zum Happy End. Aber von Filmen lässt er sich nicht das Leben erklären. Kein Wunder, die beiden passen einfach nicht zusammen, weshalb er sich gleich zu Beginn für zehn Tage aus dem Verkehr zieht.
Anders die Figur der Jane Campion, die dem Roman die stärksten Passagen beschert. Die neuseeländische Regisseurin taucht immer wieder auf, ihr fühlt die Erzählerin sich verbunden, lange bevor diese als einzige Frau in Cannes mit "Das Piano" die Goldene Palme und danach einen Oscar gewonnen hat. Sie ist ihr Idol und repräsentiert, was ihr selbst fehlt: den Mut zum Scheitern und die Sehnsucht nach Beständigem, nach Dauer. Im Kino wie im Leben.

Heike-Melba Fendel: Zehn Tage im Februar
Blumenbar-Verlag, Berlin 2017
208 Seiten, 18 Euro