Hebammen-Ausbildung in Deutschland

Der Bachelor ist eher eine Nachjustierung

Nahaufnahme einer schwangeren Frau, die von einer Hebamme untersucht wird.
Eine Hebamme bei der Arbeit: "Deutschland ist das letzte Land in Europa ohne Hebammen-Studium." © Oleksiy Maksymenko / dpa / picture alliance
Mechthild Groß im Gespräch mit Nicole Dittmer · 17.10.2018
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Hebammen künftig an Hochschulen ausbilden lassen. Mechthild Groß hat schon einen Master-Studiengang Hebammenwissenschaft mitgegründet. Sie sagt, angesichts der großen Verantwortung werde es höchste Zeit für Spahns Vorstoß.
Der Start ins Leben beginnt für die meisten Menschen in den Händen einer Hebamme – zumindest wenn sie Glück haben. Denn die angehenden Eltern müssen erstmal eine Hebamme finden, die sie betreuen kann. Es gibt zu wenige Hebammen in Deutschland. Und diejenigen, die es gibt, leben mit unkalkulierbaren Arbeitszeiten, hoher Belastung und Verantwortung bei mäßiger Bezahlung.
Gesundheitsminister Jens Spahn will jetzt dafür sorgen, dass Hebammen künftig an Hochschulen ausgebildet werden. Mechthild Groß ist Hebamme, Krankenschwester und Psychologin und hat 2009 den Europäischen Master-Studiengang Hebammenwissenschaft mitgegründet.

Viel Verantwortung

Groß sagt, der Beruf sei schon jetzt mit so viel Verantwortung verbunden, dass der Titel des Bachelors eigentlich eher eine Nachjustierung des Berufsfeldes sei. "Deutschland ist das letzte Land in Europa, das kein Hebammen-Studium hat. (...) Wir müssen einen Schritt nach vorne machen, damit Hebammen sich im Studium oder im Beruf weiterbilden können."
Groß betont, dass der Praxisanteil in der Ausbildung mit 3000 Stunden sehr hoch sei und dass dieser große Anteil praktischer Ausbildung auch ins Studium übertragen werde. "Damit wird sich das Hebammen-Studium sicher von vielen anderen Studiengängen unterscheiden." Es werde mehrmonatige Praxisphasen geben wie bisher in der Ausbildung auch.
Verstärkt gegenüber der bisherigen Standardausbildung werde gewiss die akademische Einbettung, so dass die Hebammen beispielsweise die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien richtig einordnen und dann auch vermitteln können. Zudem werde die Aufgabe immer wichtiger, die Gesundheitskompetenz von werdenden Eltern zu schulen.

Lebenslanges Lernen

Wie verpflichtend es wird, einen Studienabschluss noch nachzuholen, wenn man den Beruf schon ausübt, müsse berufsrechtlich geklärt werden, sagt Groß. Man könne etwa über eine Altersstaffelung nachdenken, sagt Groß. Sie würde aber Hebammen, die weniger als zehn Jahre im Beruf stehen, raten, den Bachelor noch nachzuholen.
Wissenschaftliches Arbeiten, systematisches Recherchieren von Literatur, sei auch für Menschen, die den Beruf schon ausüben, eine Bereicherung. In Baden-Württemberg gebe es gute Studiengänge, wo man gute Erfahrungen mache, so Groß: "Das ist mit großer Freude zu sehen, wie das Thema 'Lebenslanges Lernen' nach einigen Berufsjahren noch einmal aufgegriffen wird."
(mf)
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