Hassan Akkouch

"Meine positive Einstellung grenzt manchmal an Naivität"

Hassan Akkouch, Tänzer, Schauspieler und libanesischer Bürgerkriegsflüchtling.
Der Schauspieler und Tänzer Hassan Akkouch © Deutschlandradio / Oranus Mahmoodi
Moderation: Katrin Heise · 07.04.2017
Als Kleinkind kam der Schauspieler Hassan Akkouch mit seinen Eltern aus dem kriegszerstörten Libanon nach Deutschland. Er wurde einer der besten Breakdancer des Landes und ist heute im Ensemble der Münchner Kammerspiele. Er sei ein Glückskind, sagt Hassan Akkouch von sich selbst – was zunächst erstaunen mag.
Denn Hürden hatte der Tänzer und Schauspieler schon einige zu überwinden. Als Zweijähriger kam er mit seinen Eltern, libanesischen Bürgerkriegsflüchtlingen, nach Berlin. Als 15-Jähriger wurde er mit seiner Mutter und den Geschwistern abgeschoben. Die Familie kehrte nach Deutschland zurück und war seitdem immer wieder von der Abschiebung bedroht. Die Fähigkeit, sich nie unterkriegen zu lassen, habe er von seiner Mutter geerbt, sagt Hassan Akkouch. Sie war selbst erst 18 Jahre alt, als sie mit ihrer Familie nach Deutschland kam. Später kümmerte sie sich als Alleinerziehende um die fünf Kinder.
"Ich habe dabei das Bild von einem Jogger im Kopf, der immer weiterläuft und immer weiterläuft und immer weiterläuft und nie aufhört. So sehe ich meine Mutter – egal, was passiert ist, sie hat immer gesagt: Mal schauen, das schaffen wir schon. Die positive Ader, das positive Denken, das habe ich von meiner Mutter. Dass man es schaffen kann, dass man etwas erreichen kann. Manchmal neigt es schon zu Naivität, aber das macht nichts, solange es positiv bleibt."
Auch von der Schublade, in die man als in Berlin-Neukölln lebender Libanese schnell gesteckt werde, habe er sich nicht einengen lassen:
"Ich versuche, das mit Humor zu nehmen. (…) Ich komme aus einer arabischen Großfamilie. Ich war mein ganzes Leben in Vereinen. Natürlich kenne ich die Jungs auf der Straße und weiß, wer gerade den Kiosk ausgeraubt hat. Das wussten wir alle. Aber ich hatte damit nicht viel zu tun."
Diskussion sei schon immer seine Form der Auseinandersetzung gewesen – oder aber der sportliche Wettkampf:
"Entweder miteinander sprechen oder gegeneinander tanzen. Für mich gab es nur diese beiden Wege. Gewalt hat mich nie interessiert. (…) Dasselbe habe ich auch den Jugendlichen immer gepredigt. Was wäre ich für ein Lehrer, wenn ich mich nicht an meine eigenen Gesetze halten würde."
Hassan Akkouch wird einer der besten Breakdancer des Landes, unterrichtet Kinder in Jugendclubs und vertritt Deutschland auf internationalen Wettbewerben. Den sportlichen Respekt einerseits und die mangelnde Anerkennung in Deutschland andererseits habe er als Jugendlicher durchaus als Widerspruch erlebt:
"Man repräsentiert Deutschland in Frankreich, in Griechenland und wo auch immer. Man bestreitet Europameisterschaften und Weltmeisterschaften und dann am Ende heißt es, Sie bekommen einen Aufenthaltstitel für sechs Monate und müssen in sechs Monaten wieder hierher kommen."

Bauchgefühl und Zertifikate

Nach dem Abitur tanzt er im Zirkus von André Heller und entscheidet sich schließlich, Schauspieler zu werden. Schnell spielt er am Berliner Ballhaus Naunynstraße und in der Verfilmung von Ferdinand von Schirachs "Verbrechen".
"Davor war ich immer in Gruppen unterwegs. Ich wollte nur für mich verantwortlich sein. Ich habe das am Anfang so genommen wie das Tanzen: Es war wie eine Choreografie für mich. Ich habe das Schauspiel noch nicht wirklich begriffen. Ich habe den Text gelernt, ich habe mir dazu emotionale Gedanken gemacht und mit der Intuition und dem Bauchgefühl, das ich hatte, bin ich da rein und habe das irgendwie geschafft."
Trotz des schnellen Erfolgs will er unbedingt den Abschluss an einer staatlichen Schauspielschule machen – dass in Deutschland Papiere und Zertifikate eine wichtige Rolle spielen, habe er schließlich früh gelernt. Nach der bestandenen Aufnahmeprüfung an der renommierten Otto-Falckenberg-Schule zieht er deshalb nach München. Seit fünf Jahren lebt Hassan Akkouch nun in Bayern, und so gewöhnungsbedürftig sei das gar nicht für einen Neuköllner:
"Was ich an München so mag ist, dass es so sauber und gepflegt ist. Wenn man eine Grünanlage erwartet, dann bekommt man auch eine Grünanlage. Da ist das Gras grün."
In München ist er auch nach dem Studium geblieben und mittlerweile festes Ensemblemitglied an den Münchner Kammerspielen. Seit diesem Jahr ist Hassan Akkouch auch deutscher Staatsbürger – nach 27 Jahren in Deutschland.