Harfenklänge im Seglerhaus

Seglerhaus am Wannsee
Seglerhaus am Wannsee © VSaW Archiv
12.03.2014
Wenn das der Kaiser wüsste: Französische Klänge erfüllen den prunkvollen Saal des Seglerhauses am Wannsee. Der wilhelminische Prachtbau vor den Toren Berlins wird zum Resonanzkörper für Debussy und Zeitgenossen – ein Konzert mit Solisten des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin.
Flöte und Harfe gehören zu Frankreich wie das Baguette unter dem Arm oder die Gitanes im Mundwinkel. Generationen französischer Komponisten und Instrumentenbauer haben eine ganz besondere Vorliebe für diese beiden Instrumente gepflegt, gipfelnd in dem, was wir heute als „musikalischen Impressionismus“ bezeichnen.Doch ist diese aparte Konstellation nicht nur ein Ausdruck zuhöchst verfeinerter französischer Kultur, sondern zugleich auch ein archaischer Inbegriff von Musik: Ins Rohr blasen und die Saiten schlagen sind die elementarsten Handlungen, die der Mensch an einem Musikinstrument vollbringen kann. Und nicht nur der Mensch: In der griechischen Antike war es das göttliche Gegensatzpaar Apollo / Dionysos, das mit Fingerfertigkeit und Atemhauch um die Gunst der Menschen buhlte.So distinguiert uns französische Musik hierzulande auch erscheinen mag, so sehr haben sich ihre bedeutendsten Vertreter von den archaischen, atavistischen Momenten des Musikmachens anregen lassen. Zwischen subtil komponierten Klangfarben und klassizistisch balancierten Formen blitzen in den Werken von Debussy und Ravel mythische Urgewalten auf – erst recht in der monumentalen Musik von Olivier Messiaen und seinem heute leider fast völlig vergessenen Vorbild Charles Tournemire.Seit einigen Jahren geben Solisten des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin erfolgreich Kammerkonzerte im Seglerhaus am Wannsee. In diesem Jahr, in dem an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren erinnert wird, hat ein französisches Programm an diesem durch und durch deutschen Ort eine besondere Note:Die deutsch-französische „Erbfeindschaft“ war einer der zentralen Knoten des Jahres 1914 – und weder deutsche noch französische Komponisten zeigten sich der jeweils anderen Seite gegenüber besonders feinfühlig. Damals wäre es undenkbar gewesen, eine solche Musik in einem solchen Rahmen genießen zu können – heute ist das gottlob anders, und es geht notfalls sogar ohne Baguette und Gitanes.
Seglerhaus am Wannsee, Berlin
Aufzeichnung vom 09.03.2014
Claude Debussy
Sonate für Flöte, Viola und Harfe

Charles Tournemire
"Musique orante" für Streichquartett op. 61

Olivier Messiaen
"Abîme des oiseaux" für Klarinette solo aus dem "Quatuor pour la fin du temps"

Gabriel Fauré
Impromptu für Harfe solo Des-Dur op. 86

Maurice Ravel
Introduktion und Allegro für Flöte, Klarinette, Streichquartett und Harfe

Ronith Mues, Harfe
Solisten des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin:
Ulf-Dieter Schaaff, Flöte
Peter Pfeifer, Klarinette
Philipp Beckert, Violine
Franziska Drechsel, Violine
Andreas Willwohl, Viola
Georg Boge, Violoncello

Moderation: Olaf Wilhelmer