Hans Pfitzners Klavierkonzert

Musik zwischen den Zeiten

Der Komponist Hans Pfitzner (1869-1949)
Er hat es sich, seiner Um- und seiner Nachwelt nicht leicht gemacht: Der Komponist Hans Pfitzner © picture-alliance / dpa
Gast: Markus Becker, Pianist; Moderation: Michael Dasche · 07.07.2019
Er war ein radikaler Konservativer, ein aggressiver Polemiker – und ein sehr guter Komponist: Hans Pfitzner. Sein Klavierkonzert zeigt die Inspiration eines "Schwierigen".
Hans Pfitzners einziges Klavierkonzert nimmt – wie das vergleichbare Konzert Max Regers – eine eher nachrangige Position im gegenwärtigen Repertoire-Kanon ein. Dabei fand es bei seiner Uraufführung 1923 durch Walter Gieseking und die Staatskapelle Dresden unter Fritz Busch, aber auch bei zahlreichen Reprisen in prominenter Besetzung, großen Zuspruch. Überhaupt schien das Schaffen Pfitzners zu dieser Zeit von einer Erfolgswelle getragen zu sein, ausgelöst von seinem Hauptwerk, der 1917 uraufgeführten Oper "Palestrina".

Hier geht es zur Playlist der Sendung.

Dennoch blieb der "Nachruhm" des Komponisten bis heute, bis zum Jahr seines 150. Geburtstages, stark eingeschränkt. Auf den Podien und in den Opernhäusern außerhalb Deutschlands sind seine Werke kaum heimisch geworden.

Wenn du geschwiegen hättest!

Insbesondere in der Nachkriegszeit, in kritischem Rekurs auf Pfitzners anbiedernde Haltung gegenüber dem NS-Regime, stellten sich einem unbefangenen Interesse an seiner Musik beträchtliche Hürden in den Weg. In den Blickpunk gerieten zunächst mehr das publizistische Erbe als das kompositorische: seine berühmt-berüchtigten Streitschriften mit deutlich konservativer Tendenz im Ästhetischen, mit nationalistisch-chauvinistischer Stoßrichtung im Politischen. Somit drängte der aggressiv-polemische Publizist, nicht zu reden von dem "schwierigem Charakter", den Komponisten Pfitzner ins historische Abseits.
Erst in jüngerer Zeit haben sich Pfitzners musikalischem Œuvre weitreichende mediale Verbreitungsmöglichkeiten eröffnet. Die Zahl der Einspielungen seiner Werke ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. Einen aktuellen Beitrag dazu hat auch der Pianist Markus Becker geleistet: Mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Constantin Trinks hat er das Klavierkonzert Es-Dur op. 31 eingespielt – für eine CD, die in Kooperation mit dem britischen Label Hyperion und Deutschlandfunk Kultur entstand und dieser Tage erscheint.

Ehrenrettung eines Individualisten

Anhand dieser Aufnahme und im Vergleich zu anderen soll ein Porträt des Werks gezeichnet werden, bei dem es um vielerlei Fragen geht: u. a. um seine gattungsmäßige Position als "Sinfonie mit obligatem Klavier", um seine enormen spieltechnischen Anforderungen jenseits äußerlicher Virtuosität, um eine zyklische Dramaturgie, die zwar historische Vorbilder kennt, diesen aber auf höchst individuelle und originelle Weise folgt. In vielen Details, in denen er seine Sehnsucht nach Schönheit und Innerlichkeit Klang werden lässt, erweist sich Pfitzner als "inspirierter" Komponist – ganz im Sinne seiner umstrittenen "Ästhetik des Einfalls", die neu zu lesen und ihrer Dogmatik zu entkleiden sich lohnen könnte.
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