Hans-Christian Dany: "MA-1 – Mode und Uniform"

Die Bomberjacke - Mode zwischen Popkultur und Kriegsführung

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Ein bärtiger Mann in grüner Bomberjacke steht vor einer mit Graffitis besprühten Wand und blickt lässig in die Kamera.
Hipster mit Bomberjacke: In seinem Buch "MA-1" geht Hans-Christian Dany dem Faszinosum Bomberjacke nach. © Bild: imago stock&people, Cover: Edition Nautilus
Elke Gaugele im Gespräch mit Timo Grampes · 09.11.2018
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Wer an Bomberjacken denkt, hat meist den klassischen Entwurf vor Augen, den die US-Army 1951 entwickelt hat. Jetzt hat der Künstler Hans-Christian Dany mit dem Buch "MA-1 – Mode und Uniform" eine wilde Hommage an dieses Kleidungsstück geschrieben.
MA-1, das ist die klassische, ikonische Bomberjacke, wie wir sie kennen. Entwickelt wurde sie 1951 als Teil des New-Look-Programms der US-Armee, erklärt die Modeexpertin und Kulturwissenschaftlerin Elke Gaugele: Damals verabschiedete sich die US-Armee von ihren braunen Fliegerjacken und Uniformen, in denen die Gis schon als "brown jobs" verspottet wurden. Zu dieser ästhetischen Erneuerung zählte auch, dass Redakteure von Vogue und Harper’s Bazaar als Berater mit ins Boot geholt wurden.
Für sein Buch über dieses Kleidungsstück habe der Hamburger Künstler Hans-Christian Dany einen splitterhaften Collagen-Stil gewählt, sagt Gaugele. Auch deshalb fühlte sich die Kritikerin an Popromane der 90er-Jahre erinnert - etwa an Ulf Poschardst "Anpassen" oder Christian Krachts "Faserland". Dany führe in einem wilden Galopp durch seine "Mode-Geselleschafts-Geschichte-Theorien".

Der Rausch der Popkultur und das eigene Vater-Sein

Dabei kristallisieren sich laut Gaugele drei Narrative heraus:
"Das autobiografische Narrativ, in dem der Autor über sich und seinen Sohn schreibt und sich auch sehr genau beobachtet, wie er selber mit Mode umgeht. In dem er aber auch eine Situation beschreibt, wie er sich eine Bomberjacke gekauft und angeeignet hat und diese Teil seines Selbstbildes geworden ist, weil er sich in seiner Rolle als Vater gegenüber anderen Vätern abgrenzen will.
Die zwei anderen Hauptnarrative sind dann eben einmal die Entwicklung des Krieges von Bomben in den Kolonialkriegen bis zur Distanz-Bomabrdierung und der digitalen Überwachungs- und Kontrollgesellschaft. Das dritte Narrativ bilden die Theorien und Geschichten von Mode, Uniformen, Designern, Jugendkulturen, Marken und Filmen, kurz gesagt: der Popkultur."

Im stroboskopischen Taumel der Reklamebilder

Eine eindeutige Lese-Empfehlung kann Gaugele hingegen nicht aussprechen:
"Das Buch endet mit dem Satz: 'Vor Begeisterung fiel ich fast in Ohnmacht.' Das mit der Ohnmacht hat mich auch als Leserin ein Stück weit begleitet, dass ich in diesen ganzen Erzählsplittern das Gefühl hatte, mich in einem stroboskopischen Taumel zu befinden. Ich hatte auch das Gefühl, zeitweilig wie in einer Shopping Mall zu sein, die wie ein panoptisches Gefängnis ist, wo Reklamebilder, Filmszenen, Kleidermarken, Modelabels, Geschichte, Geschichten, Designerkünstler, Kriegsführer mich wie auf einer Rolltreppe oder wie in einem viel zu schnellen Lift hoch- und runterfahren. Dann kommt immer eine Lautsprecherdurchsage mit der Grundthese: 'Die Bomberjacke ist das Kleidungsstück der Kriegsführung.'"
Ein Bonmot des Autors passe ganz gut zu diesem Lese-Erlebnis: "An einer Stelle beschreibt Dany ja auch diesen Taumel, wenn er Mode mit Drogen vergleicht und schreibt: 'Eine Line Kokain ist ein Kick, genauso wie der Kauf einer Triple-S von Balenciaga, nur dass die Line billiger ist.'"

Hans-Christian Dany: "MA-1 - Mode und Uniform"
Edition Nautilus, Hamburg 2018
192 Seiten, 16 Euro

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