Hamburgs Olympia-Bewerbung

Ein knappes Rennen

Ein Plakat mit der Einladung zu einer Diskussionsrunde zu Hamburgs Olympiabewerbung "Hamburg 2024" wurde mit kritischen Anmerkungen von Olympia-Gegner versehen.
Die Olympia-Bewerbung Hamburgs stößt nicht bei allen auf Zustimmung. © picture alliance / dpa - Christian Charisius
Von Axel Schröder · 26.11.2015
Am 29. November werden die Hamburger Bürger in einem Referendum darüber abstimmen, ob sich ihre Stadt um die Olympischen Spiele 2024 bewerben soll. Umfragen zufolge gibt es eine knappe Mehrheit für die Bewerbung. Doch das Projekt bleibt umstritten.
Ein Schwimmer zieht seine Bahnen durch die schwarzglänzende Außenalster. Hamburgs Silhouette im Hintergrund.
"Wir ziehen durch, wir hängen uns rein! Wir sind Weltklasse!"
Segler gleiten in ihren Booten über die Wellen, Rollstuhlfahrer spielen Basketball – der Werbefilm für die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024 in der Freien und Hansestadt Hamburg zeigt die schönsten Seiten der Stadt.
"Das Tor zur Welt! Wer wir sind? Wir sind die schönste Stadt der Welt! Wir sind Feuer und Flamme!"
Countdown bis zum Referendum
Überall in der Stadt hängen die Plakate der Pro-Olympia-Kampagne, in U- und S-Bahnen wird für die Spiele geworben, fast täglich gibt es Informations-Abende, feierliche Präsentationen. Und auf dem Rathausmarkt startete Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz Anfang November den Olympia-Countdown: Dort zählt nun eine meterhohe Digitaluhr die Tage, Stunden und Minuten bis zum 29. November, bis zum Referendum über die Hamburger Bewerbung, über ein - so Olaf Scholz - grundsolides Konzept:
"Wir haben gesagt, wir machen nicht solche Sachen, wie wir sie von anderen Veranstaltungen kennen. Da wird irgendwas irgendwie gerechnet. Sondern wir rechnen sehr hart, sehr präzise, sehr klar. Wir sagen auch alle Zahlen. Damit jeder vertrauen kann: Das sind die richtigen Größenordnungen, um die es geht. Und dann können Deutschland und Hamburg zusammen diese Aufgabe sicherlich stemmen."
Neben der Olympia-Uhr stehen neugierige Passanten. Manche sind ganz angetan von Spielen in Hamburg, andere skeptisch.
"Also ganz ehrlich: Ich bin mir noch total unsicher. Und zwar wegen unserer Asylanten. Mir ist das ganz wichtig, dass die gut integriert werden. Und ob wir beide Baustellen gut meistern, da bin ich mir unsicher."
"Bringt Hamburg eine ganze Ecke nach vorne, würde ich sagen. Ganz viele Menschen kommen nach Hamburg und Hamburg kriegt noch mal einen ordentlichen Push nach vorne!"
Jüngsten Umfragen zufolge ist eine knappe Mehrheit für die Bewerbung. Trotzdem bleibt das Projekt "Olympia 2024" unter den Hamburgern umstritten. Die einen beschwören die Chancen, die anderen warnen vor allzu hohen Kosten. Was, fragen sich viele, bringt uns Olympia? Wie teuer wird das Projekt für die Hamburger Steuerzahler? Und was wird danach bleiben von den prächtigen Stadien und Hallen, den geplanten Kliniken und Rasenplätzen?
Bürgermeister Olaf Scholz will den Hamburgern diese Sorgen nehmen. Er kämpft leidenschaftlich für die Spiele. Zum Beispiel im Kreuzfahrtterminal Hamburg-Altona vor einigen hundert geladenen Gästen:
"Ich hoffe, dass die Emotionen, die Begeisterung und die Kraft, die wir bisher haben, uns so weit trägt, dass wir auch ein erfolgreiches Referendum haben werden Ende November. Und dass wir uns mit der Bundesrepublik Deutschland bis Anfang nächsten Jahres über das kleine Geld einigen. Und das wir es hinkriegen, dass wir in Lima einen Zuschlag bekommen, um die Stadt zu sein, die diese Spiele 2024 ausrichtet."
Dieses "kleine Geld", von dem Olaf Scholz spricht, sind die Kosten für Olympia. Von denen, so die Planungen, kann die Hansestadt 1,2 Milliarden Euro selbst bezahlen. 6,2 Milliarden Euro soll der Bund übernehmen. Dessen Zustimmung steht aber noch aus. Fest steht: Die Anschläge in Paris werden an den Hamburger Plänen nichts ändern. Das erklärte Christoph Holstein, Staatsrat in der Hamburger Innenbehörde und zuständig für die Olympia-Pläne im Norddeutschen Rundfunk:
"Es ist so, dass die Olympischen Spiele das Gegenbeispiel zu dem sind, was wir jetzt erlebt haben. Das heißt: die ganze Welt zu Gast in einer Stadt, in einer Region, in einem Land. Harmonisch, friedlich. Und insoweit kann es sein, dass die Olympischen und Paralympischen Spiele und die Bewerbung darum wichtiger ist als je zuvor."
Sicherheit bei den Spielen 2024
Dennoch: Die Anschläge in Paris haben die Diskussion um den Sicherheitsaspekt neu entfacht. Das Hamburger Finanzkonzept für Olympia sieht knapp eine halbe Milliarde Euro für Sicherheitsmaßnahmen vor. Obwohl dafür bei anderen Spielen deutlich mehr ausgegeben worden war: in London zum Beispiel 1,7 Milliarden. Für diese niedrige Kalkulation war Hamburg auch vor den Ereignissen in Paris schon kritisiert worden. Der Senat weist die Kritik aber nach wie vor zurück. Man rechne mit "grundsätzlich friedlich verlaufenden Spielen 2024". Daran änderten auch die Anschläge in Paris nichts, so Staatsrat Christoph Holstein:
"Wir haben jetzt das Jahr 2015. Die Spiele sollen hier stattfinden 2024. Das ist in neun Jahren. Und ich glaube, man kann sagen: In neun Jahren werden wir uns möglicherweise mit ganz anderen Themen auseinandersetzen. Und dementsprechend haben wir immer gesagt: Die Sicherheitslage seriös analysieren und die entsprechenden Konsequenzen draus ziehen, das können wir nicht 2015, das können wir 2020, 2021, 2022. Dann werden wir sehen, was wir tun müssen und das wird dann auch getan. Weil es wichtig ist, sowohl die Gäste unserer Stadt dann zu schützen als auch auf der anderen Seite allen zu ermöglichen, sich weiterhin frei zu bewegen."
Grundlage der Gesamtplanungen ist das im Oktober vorgestellte Finanzkonzept für die Spiele an der Elbe. Nachhaltige und vor allem bezahlbare Spiele sollen es werden. Bei denen es im Nachhinein keine der üblichen bösen Überraschungen, keine Kostensteigerungen gibt. Es ist vor allem dieses Argument, mit dem der Senat versucht, den Olympia-Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wie Kostenexplosionen - siehe die Olympiaden in Peking, Athen oder Sotschi - vermieden werden sollen, erklärt Staatsrat Christoph Holstein:
"Wir haben gerechnet, was wir wohl ausgeben werden. Wir haben auf diese Summe dann Sicherheitszuschläge draufgeschlagen, Sicherheitspuffer für eine Inflation, die sich entwickelt, Sicherheitspuffer für Baukostenentwicklungen, die nicht absehbar sind. Und es ist wahrscheinlich besser, den Leuten am Anfang zu sagen: "In diese Richtung entwickelt sich das, so teuer wird es!" Als ihnen – wie das bei der Elbphilharmonie beispielsweise gewesen ist - früh eine viel zu niedrige Zahl zu nennen. Um ihnen hinterher zu erklären, dass alles viel, viel teurer wird."
Über 600 Positionen wurden dafür von acht externen Büros für Architektur-, Landschaftsplanung und Projektmanagement berechnet. Vom Olympiastadion über barrierefreie U-Bahn-Haltestellen bis hin zum Sicherheitskonzept. Jede Position wurde mit einem um 30 Prozent höheren Preis veranschlagt. Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschafts-Instituts, überzeugt dieser Ansatz. Trotzdem bleibt er kritisch:
"Die Kostenkalkulation ist sehr solide, sehr seriös gemacht. Nicht nach dem alten Muster: Wir planen mal. Und dann verdoppeln sich die Kosten. Das ist sehr solide gemacht. Daraus leitet sich aber keine Investitionsentscheidung ab. Man kann nicht nur die Kosten sich anschauen, sondern muss sich natürlich auch die Erträge, die in der Zukunft liegen, anschauen. Und darüber gibt es relativ wenig Aussagen seitens des Senats. Das aber macht erst die Investitionsentscheidung aus: Also sich neben den Kosten auch die Erträge, die möglichen Erträge Olympischer Spiele anzuschauen."
Olympic City auf dem Kleinen Grasbrook
Diese Einnahmen erhofft sich der Senat zum Beispiel durch den Verkauf von Grundstücken und durch Mieteinnahmen auf dem Kleinen Grasbrook, einer Halbinsel direkt an der Elbe. Dort soll einmal die Olympic City entstehen, das Herz der Spiele 2024. Die heute dort ansässigen Umschlagbetriebe und Lagerhallen sollen dafür in andere Hafenareale verlegt werden. 8.000 Wohnungen für Sportler und olympisches Personal sind auf dem Kleinen Grasbrook geplant. Neu entstehen sollen außerdem das Olympia-Stadion, eine Schwimmhalle, eine Poliklinik für die Sportler. Nach den Spielen - so die Planung - wird dort eine Schule untergebracht. Das Stadion soll verkleinert, die Tribünen zurückgebaut werden, an ihrer Stelle sollen weitere Wohnungen entstehen. Die Stadt verspricht, dass ein Drittel der Wohnungen auf dem Areal später für Geringverdiener reserviert werden. Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter ist euphorisch, begeistert vom Nachnutzungskonzept für Stadion und Schwimmhalle:
"Stellen sie sich vor: In diesem vorderen Halbrund, wo wir den Sprungturm haben während der Spiele - den könnten wir, so die Idee der Fachleute, zu einem Rutschen-Dom, zu einer Saunalandschaft weiterentwickeln und so hätten wir nicht nur ein sportliches Erbe, sondern auch eine freizeitorientierte Zukunft an diesem Standort. Das ist es, was hier vorgesehen ist."
Indirekte Wachstumseffekte
Hamburg würde durch Olympia weltweit bekannt, Investoren und Touristen brächten Geld und neue Arbeitsplätze in die Stadt. Wie hoch diese indirekten Wachstumseffekte sein könnten, darüber gibt es allerdings keine gesicherten Zahlen. Das räumt auch Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein ein:
"Es gibt keine empirisch belastbaren Zahlen, wie viele Touristen aufgrund der Tatsache, dass Olympische Spiele in Barcelona beispielsweise gewesen sind, nach Barcelona gefahren sind. Aber die allgemeine Einschätzung ist schon: Wenn die Spiele gut gemacht sind, dass sich das langfristig auswirkt, dadurch, dass Unternehmen sagen: "Wir finden diese Stadt interessant!", dass Touristen sagen: "Wir wollen da mal hin!" Das ist die große Chance, die diese Städte haben."
Henning Vöpel vom Hamburger Weltwirtschaftinstitut bestätigt diese Einschätzung. Natürlich, so Vöpel, profitieren zum Beispiel die Bauwirtschaft und gastronomische Betriebe direkt von Olympia. Er gibt aber zu bedenken:
"Das sind langfristig nicht die entscheidenden Effekte. Sondern es geht tatsächlich eher darum, dass wir den Wissenschaftsstandort, den Wirtschaftsstandort stärken. Also Fachkräfte, Investitionen an den Standort holen. Das sind die langfristigen Effekte, die interessant sind für einen Standort. Wenn das gelingt, dann kann Hamburg profitieren. Wenn man da nichts unternimmt, dann ist nach 16 Tagen die olympische Flamme erloschen und alles ist vorbei und Hamburg wird dann nicht profitieren."
Auch Wolfgang Maennig, Professor für Sportökonomie an der Uni Hamburg und Goldmedaillen-Sieger im Ruder-Achter von 1988, hält die wirtschaftlichen Effekte durch Olympische Spiele für gering:
"Es ist eine Illusion zu glauben, dass wir damit viel Geld verdienen, oder dass wir da große Beschäftigungsimpulse generieren werden. Das ist nach allem, was wir an Statistiken haben über vergangene Olympia-Orte, nicht der Fall."
Aber dafür würde Olympia in Hamburg endlich den längst überfälligen Umbau des deutschen Spitzensports befördern, erklärt Wolfgang Maennig:
"Das ist für mich der allergrößte Effekt. Lässt sich auch empirisch sehr gut nachweisen, dass die Gastgeberstädte immer einen deutlich gesteigerten Medaillenerfolg haben. Das ist für mich die größte Legacy. Und ich glaube, da werden wir auch mittelfristig von profitieren."
Eine andere Legacy, ein anderes Erbe von Olympia in Hamburg könnte ein modernisiertes und leistungsfähiges Nahverkehrsnetz sein. Die Pläne für eine neue U-Bahn-Linie würden durch Olympia wohl schneller realisiert werden. Und der Senat wirbt: Bei einem Zuschlag für die Spiele werde, durch mehr Fahrradstreifen und Leihstationen, der Anteil an Zweiradfahrern im Straßenverkehr auf 25 Prozent gesteigert. Aber dieses Ziel, moniert Manfred Braasch vom Bund für Umwelt und Naturschutz, hat es auch schon vorher gegeben, ohne Olympia-Pläne. Das Konzept für die Olympic City überzeugt den Verband nicht:
"Was passiert zum Beispiel mit der Umlagerung von Hafenbetrieben? Wo sollen die hin? Auf welche Flächen soll das gehen? Zu welchen Lasten soll das gehen? Es wird ein wertvolles Hafenbecken zugeschüttet werden. Auch da ist unklar, wie das ausgeglichen werden soll. Es sind eine ganze Menge Fragen, die uns umtreiben, sodass der BUND vor dem Referendum jetzt gesagt hat: "Stimmt mit 'Nein'!", weil auch die Aussagen zur Nachhaltigkeit nicht tragfähig sind."
Kritik am Konzept
Neben dem BUND üben auch drei kleinere Anti-Olympia-Gruppen Kritik am Konzept des Senats. Zu den Aktivisten gehört Florian Kasiske von "NOlympia". In einem Café im Hamburger Karo-Viertel erklärt er, warum er die Wohnungsneubauten für die Spiele auf dem Kleinen Grasbrook ablehnt:
"Das wird hochpreisiger Wohnraum. Da werden zu einem Drittel Sozialwohnungen gebaut. Die aber nur 15 Jahre gebunden sind. Das heißt, danach werden auch dort die Mieten steigen. Die Erfahrung zeigt: Wir brauchen wirklich massiv bezahlbaren Wohnraum in Hamburg. Und die Erfahrung ist, wenn neu gebaut wird, aber für reiche Leute, dass diese Leute dann in die Wohnungen einziehen. Wenn die dann ihre Wohnungen frei machen, werden die teuer wieder neu vermietet. Und das heißt: Der Mietspiegel dort, wo sie wegziehen, steigt eher. Das heißt, die Mietpreisspirale wird nicht einfach durch Neubau gedämpft, sondern im Gegenteil wird sie noch angetrieben. Wir haben das Phänomen der sogenannten Neubau-Gentrifizierung."
Entwarnung in diesem Punkt kommt vom Hamburger Mieterverein. Dort verweist man auf die gerade eingeführte Mietpreisbremse und darauf, dass auch Bestandsmieten innerhalb von drei Jahren nur um 15 Prozent erhöht werden dürfen. Florian Kasiske glaubt trotzdem nicht, dass diese Instrumente den Anstieg der Mieten auf dem Kleinen Grasbrook bremsen können. Vor allem aber hält er den Finanzreport - trotz der darin enthaltenen Aufschläge von 30 Prozent - für wenig solide:
"Wenn man sich das einmal anguckt, wie häufig in diesem Finanzreport das Wort "grob geschätzt" vorkommt. Das lässt sich im Moment noch gar nicht kalkulieren. Und deshalb sollen wir da jetzt über etwas abstimmen, das wir gar nicht bemessen können. Und wie gesagt: Es ist ein sehr enger Zeitplan zwischen 2017 und 2024, da auf dem Kleinen Grasbrook alles neu zu bauen, das ist sehr eng. Und wenn da irgendwas dazwischen kommt, dann haben wir diese Explosion der Kosten, die wir von woanders kennen."
Viele Verbündete haben die Olympia-Gegner nicht. Die Hamburger Wirtschaft kämpft für ein "Ja" zu Olympia. Der Unternehmer Michael Otto sammelt Millionenbeträge bei Unterstützern ein und finanziert so eine flächendeckende, unübersehbare Werbekampagne für die Spiele. Und in der Hamburgischen Bürgerschaft stehen alle Parteien hinter der Bewerbung. Mit Ausnahme der Linken. Ihr Abgeordneter Norbert Hackbusch kann sich zwar für die olympische Idee begeistern und sieht auch positive Aspekte, dennoch bleibt er skeptisch:
"Insgesamt finde ich es natürlich toll - das ist das Argument, was mich am Ehesten noch schwach macht, dass man glaube ich in vielen sportlichen Einrichtungen dieser Stadt, dass die dann renoviert werden. Die sind gegenwärtig häufig in einem schlechten Zustand. Das, finde ich, ist eine gute Entwicklung. Ich finde auch gut, dass bestimmte verkehrliche Infrastruktur weiterentwickelt wird. Das, finde ich, sind positive Momente, die da wären. Aber die negativen Momente überwiegen kräftig."
Auch Norbert Hackbusch zweifelt an der Solidität des zentralen Finanzreports. Vor allem aber daran, dass der Senat nach Abschluss des sogenannten Host-City-Vertrags mit dem Internationalen Olympischen Komitee weiterhin Herr über die Kosten bleiben würde. Der Vertrag legt fest, welche Sportstätten, in welcher Größe zu errichten sind, wie viele Hotelbetten für Funktionäre zur Verfügung stehen müssen und vor allem wer etwaige Mehrkosten trägt. Und da könnte das IOC die Stadt Hamburg in die Pflicht nehmen. Genau davor warnt der Hamburger Rechnungshof. Die gleichen Bedenken hat auch Henning Vöpel, der Direktor des Hamburger Weltwirtschafts-Instituts:
"Die Risikoteilung zwischen Hamburg, dem Bund und dem IOC, die ist nicht ganz klar. Das heißt: Wir werden beim Referendum nur eine bedingte Zustimmung der Bevölkerung bekommen können. Denn wenn der Host-City-Vertrag einmal unterschrieben ist, dann wird Hamburg sich nicht zurückziehen können auf das Referendum und sagen: 'Das ist die Obergrenze, mehr werden wir zur Finanzierung nicht beitragen.'"
Zwei Fragen bis zum Referendum noch offen
Wenn am 29. November die Hamburgerinnen und Hamburger darüber abstimmen, ob sich ihre Stadt um die Olympischen Spiele 2024 bewerben soll, bleiben zwei Fragen offen. Zum einen, ob der Bund bereit ist, 6,2 Milliarden Euro für die Ausrichtung der Spiele beizusteuern. Zum anderen, ob er alle Kostenrisiken übernehmen wird. Hamburgs Erster Bürgermeister jedenfalls will sein Versprechen halten und auf keinen Fall mehr als die veranschlagten 1,2 Milliarden Euro ausgeben. Staatsrat Christoph Holstein:
"Es gibt für die Hamburgerinnen und Hamburger, die sich am Referendum beteiligen können, die große, felsenfeste Sicherheit, dass sich Hamburg nicht mit mehr als 1,2 Milliarden an den Spielen beteiligen wird. Die Hamburger kennen das Konzept der Spiele, sie kennen die Nachnutzungsoptionen, sie kennen auch die positiven Folgen der Spiele und sie kennen die Summe, die im Raum steht. Viel mehr Sicherheit kann man nicht geben."
Tricksereien, so Christoph Holstein, ein Kleinrechnen von Positionen aus dem Finanzreport, das werde es mit Bürgermeister Olaf Scholz nicht geben. Im Ernstfall, wenn es keine Einigung mit dem Bund gibt, werden die Pläne aufgegeben, so Holstein. Die Aktivisten von "NOlympia" würde das freuen, viele andere tief enttäuschen.
Zum Beispiel Deli Costas, Student an der Uni Hamburg, mit griechischen Wurzeln. Er steht auf dem Rathausmarkt, ein paar Meter neben der Uhr, die den Countdown bis zum Referendum anzeigt. Olympia in Athen war ein Desaster, gibt er zu.
"Aber in Hamburg wäre das anders! Das ist eine sehr, sehr finanzkräftige Stadt. Mensch! Olympische Spiele! Ich meine: Wer sonst? Wer soll die Olympischen Spiele kriegen, wenn nicht Hamburg?"
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