Händel-Festspiele Halle: "Arbace"

Händels Opern-Remix für hohe Männer- und Frauenstimmen

Eine Frau, weiß und gold geschminkt, hält einen Fächer, der ihr Gesicht teilweise verdeckt.
Das Publikum der barocken Oper liebte hohe Stimmen, egal, ob es Frauen- oder Männerstimmen waren. © Imago / Panthermedia / gromovataya
Moderation: Bettina Schmidt · 29.06.2019
Aus alt mach neu, aus Vielem Eines - im Pasticcio würfelte man zu Georg Friedrich Händels Zeit munter bestehende Opern zu neuen zusammen. Etwa in "Arbace", in dem Händel publikumsträchtig mit Kastratenstimmen von Mord- und Totschlag singen ließ.
Opern auseinanderzuschneiden und neu zusammenzufügen - in Georg Friedrich Händels Zeit war das eine gängige Praxis, um neues Opernrepertoire zu schaffen. Man hielt Ausschau nach passendem Material, das zufällig zum Handlungsverlauf passte, und beliebte Nummern, Hits der Zeit, brachte man geschickt mit unter.
Händel hatte in London ein Opernhaus eröffnet und stand in hartem Konkurrenzkampf mit anderen Bühnen. Er musste immer etwas mehr bieten. Dabei hatte er zum Teil herbe Schläge zu verkraften, etwa dass andere Häuser ihm schon mal die beliebten Kastraten-Sänger mit höheren Gagen ausspannten.
Gemälde von Händel der auf einem mit blauen Samt bezogenen Sessel sitzt.
Georg Friedrich Händel komponierte nicht nur, er betrieb auch ein eigenes Opernhaus.© Imago / Le Pictorium
Hohen Stimmen lagen gerade in der Gunst des Publikums. Kastraten wie Farinelli wurden umjubelt. Gerade der hatte Händel den Rücken gekehrt.
Doch der Komponist konnte einen neuen Star-Italiener aufbieten, der seiner Bühne neuen Glanz verleihen konnte: Carstini. Der hatte gerade eine Partie in England gesungen, deren Stoff Händel für seine Bühne aufgriff und in einem neuen Pasticcio aufbereitete.
Darin entfaltet sich eine verwirrende Geschichte um die Figur Arbace, um Mord und Verrat in der eigenen Familie. Ein Vater, der getötet hat, beschuldigt erfolgreich den eigenen Sohn seiner Tat. Der Sohn wird unschuldig verurteilt. Weder sein bester Freund, immerhin ein persischer Prinz, noch seine Schwester oder seine Geliebte können diese Verstrickung lösen.
Das Ende ist ungerecht und höchst tragisch - und damit gerade groß genug für eine Bühne, die auf den Zulauf des Publikums angewiesen war.

Geflecht der hohen Stimmen

Alle Rollen liegen im Sopran- und Altbereich, auch die männlichen. Man kann die Verstrickungen der hohen Stimmen genießen - oder verfolgt die Handlung mit einem Blick ins Libretto.
Orchester, Sänger und dirigent nehmen Beifall des Publikums stehend auf einer Bühne entgegen.
Die Mitwirkenden der konzertanten "Arbace"-Aufführung am 9. Juni 2019 in Halle© Stiftung Händel-Haus / Matthias Dahlmann
Händel verwendet angesagte Arien und Ensembles von sehr beliebten Komponisten seiner Zeit. Darunter sind Leornardo Vinci - nicht zu verwechseln mit dem Renaissance-Universalgenie Leonardo da Vinci - und Johann Adolf Hasse, der seinerzeit auf den wichtigsten Bühnen Kontinental-Europas einen Hit nach dem anderen produzierte.

Berechtigte Aufmerksamkeit für das Genre

Die Tradition des Pasticcio ist lange eher belächelt worden - schließlich seien es keine "originalen" Werke, lautete eine Kritik. Doch es ist eine Praxis aus Händels Zeit, die hier konzertant wiederbelebt wird. Eine Praxis, der man nachspüren muss, wenn man den Musikgeschmack des damaligen Publikums in seiner Gänze erfassen will.
(cdr)
Aufzeichnung der konzertanten Aufführung vom 9. Juni 2019 in der Konzerthalle Ulrichskirche
Leonardo Vinci /
Johann Adolf Hasse /
Giovanni Porta
"Arbace", Pasticcio in drei Akten
Bearbeitung: Georg Friedrich Händel
Libretto: unbekannter Bearbeiter nach Pietro Metastasios "Artaserse"

Artaserse, persischer Prinz / Megabise, General - Angelo Giordano, Sopran
Arbace, Freund des Artaserse - Raffaele Pé, Sopran
Mandane, Artaserses Schwester - Raffaella Milanesi, Sopran
Semira, Geliebte Artaserses / Artabano, Gardebefehlshaber - Benedetta Mazzucato, Alt

Orchester Auser Musici
Leitung: Carlo Ipata

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