H. C. Buch: "Elf Arten das Eis zu brechen"

Reisen als Lebenselixier

Der Erzähler, Reporter und Essayist Hans Christoph Buch
Der Erzähler, Reporter und Essayist Hans Christoph Buch © Deutschlandradio / Manfred Hilling
Hans Christoph Buch im Gespräch mit Andrea Gerk · 04.08.2016
Hans Christoph Buch ist ein Weltenbummler, der seine Erlebnisse unter anderem in Kriegsgebieten literarisch verarbeitet. Das liegt offenbar in seinen Genen, denn auch seine Familie ist viel herum gekommen. In "Elf Arten das Eis zu brechen" hat er sie erstmals zum Thema eines Romans gemacht.
Hans Christoph Buch ist der große Reisende unter den deutschen Schriftstellern, der seit Jahrzehnten in Romanen, Essays und Reportagen zum Zustand der Welt nachspürt. Seine Bücher sind Schatzkisten, prallgefüllt mit Geschichten aus fernen Ländern, Zeugen seiner ungezähmten Fabulierlust.
Mit seinem neuen Roman "Elf Arten das Eis zu brechen" betritt er jedoch unbekanntes Terrain. Zum ersten Mal steht die eigene Familie im Mittelpunkt seines literarischen Kosmos. Eine aufregende Familie, die viel herumgekommen ist: Großvater Apotheker auf Haiti (wo er auch eine Haitianerin heiratete), Vater Diplomat und Shakespeare-Liebhaber, Mutter spätberufene Künstlerin, die 1960 Picasso einen Besuch abstattete.

Wie eine Vitaminspritze

Hans Christoph Buch ist ständig auf Reisen, am liebsten reist er in exotische Länder. Was zieht ihn in die Welt hinaus?
"Das ist für mich wie eine Vitaminspritze. Besonders die Dritte Welt wirkt auf mich vitalisierend, weil ich dort echte, sehr ernste und oft tragische Konflikte erlebe." Dagegen seien ihm die Probleme in Deutschland – abgesehen von der aktuellen Flüchtlingskrise – immer aufgebauscht vorgekommen.
Derzeit allerdings finden Terrorismus und Gewalt nicht nur weit weg, sondern auch in Europa direkt vor unserer Tür statt. Die Schreckstarre der Europäer erklärt Buch so:
"Die Wirklichkeit hat uns eingeholt. Wir glaubten lange Zeit, wir lebten in einem geschützten Habitat, unter einer Glasglocke. Das ist nicht so, die Problem der Welt kommen immer näher. Die Einschläge kommen uns nahe." In einer globalisierten Welt sei kein Wegducken und Augenschließen möglich.

Süchtig nach Gewalt

Er selbst habe die Konfrontation mit Kriegen und Gewalt stets gesucht – und irgendwann "erschrocken festgestellt, dass ich süchtig geworden war nach dieser Gewalt". Er kenne diese Phänomen von Kriegskorrespondenten, besonders von Fotografen, die früher oder später zu Hause ihre Kontakte "einfrieren oder verlieren, weil sie das nicht mehr mitteilen können, was sie anderswo gesehen und erlebt haben."
Doch so weit habe er es nicht kommen lassen wollen – und sich deshalb aus der Kriegsberichterstattung von den Krisenherden dieser Welt ausgeklinkt, um zur Literatur zurückzukehren – die im Übrigen auch voll Krieg und Terror sei.
Als er die Kriegsruinen im Kosovo gesehen habe, sei ihm ein Zitat aus Goethes Faust eingefallen: "Das Unbeschreibliche – hier ist’s getan." Besser könne man den Schrecken im kriegsversehrten Kosovo wohl kaum zusammenfassen.
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