Gutenberggalaktische Skepsis

    16.03.2013
    "In drei Schritten zum eigenen Buch" heißt ein Faltblatt, was unser Autor während der Leipziger Messe in die Hände bekommt. Digitale Veröffentlichungen scheinen ganze einfach zu sein. Ganz überzeugt ist er am Ende aber nicht.
    Wer, wie ich, davon ausgeht, dass die Messe zunehmend zur Präsentationsplattform elektronischen Publizierens wird und glänzende Flachbildschirme die guten alten Bücherregale verdecken, wird überrascht. Das e-business ist nicht übermäßig präsent. Vielleicht liegt auch das daran, dass e-books und andere elektronische Vertriebswege von Buchstaben eher eine Sache für das big business in Frankfurt oder London sind als für das Autorenfest Leipzig. Da geht’s dann eben doch ums gute alte Buch, das man umblättern und, ganz wichtig hier, signieren kann. Das notiere ich mir in mein hyperanloges Notizbuch, das aussieht wie ein geschrumpfter Band der Bibliothek Suhrkamp.

    Immerhin, Firmen bieten hier Veranstaltungen an wie "In 3 Schritten zum eigenen Buch". Da wird man natürlich neugierig. "So geht´s", sagt ein Faltblatt: "1. Manuskript schreiben, 2. Inhalt hochladen, 3. Werk veröffentlichen". Whow. Das scheint wirklich nicht schwierig zu sein. Dann steht da noch: "4. Lorbeeren ernten". Also Leute, Schluss mit der memmenhaften Angst vor der digitalen Zukunft!

    Der Nachbarstand bietet "selfpublishing mit Verlags-know-how". Wie jetzt? Self oder Verlag? "Selfpublishing" ist nämlich eine große Sache hier in Leipzig. Dafür gibt es auch einen eigenen Preis, den "autoren@leipzig award". Als ich die Verleihung streife, wird der gerade in der Kategorie Sachbuch vergeben, und zwar für ein Werk, das den Lesern auf besondere Weise den Selbstmord nahebringt. Schon stellt sie sich wieder ein, diese altbacken gutenberggalaktische Skepsis.

    Am Stand von Dorling + Kindersley kann man sich auch sein Gesicht signieren lassen. "Starvisagist Boris Entrup schminkt Sie persönlich!", droht die Standdeko. Danach signiert er natürlich auch sein Buch. A propos Drohung: "Sonntag ist Familientag", heißt es überall. Angesichts der Massen realer und fiktiver Menschen hier klingt das nach einer, sagen wir, Herausforderung für den letzten Messetag.

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