Grunge-Klassiker "Pretty On The Inside" von Hole

"Ein Bruch mit weiblichen Klischees"

08:14 Minuten
Die Band "Hole" mit der Sängerin Courtney Love (rechts oben), 1991.
Millionen Alben verkauft: Die Band "Hole" mit der Sängerin Courtney Love (rechts oben), 1991. © imago images /Brigani Art/Heinrich
Fabian Elsäßer im Gespräch mit Andreas Müller · 11.01.2021
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So dreckig und tobsüchtig wie Courtney Love hatte zuvor noch keine Rocksängerin geklungen, meint Musikjournalist Fabian Elsäßer. Vor 30 Jahren erschien das Debütalbum ihrer Band Hole.
Die Sängerin und Gitarristin Courtney Love ist heute vor allem als Witwe von Nirvana-Chef Kurt Cobain in Erinnerung, außerdem durch Drogenskandale und Sorgerechts-Prozesse um ihre Tochter.
Darüber vergisst man, wie einflussreich und auch erfolgreich sie als Musikerin war. Ihre Band Hole verkaufte in den 90er-Jahren mehrere Millionen Platten. Das Debütalbum "Pretty on the Inside" erschien 1991. Produziert hat es Kim Gordon, die Frontfrau der Band Sonic Youth.
"Hole sind die übersehene Größe des Grunge und Alternative der 90er", sagt Musikjournalist Fabian Elsässer. "Das liegt zum Großteil natürlich an Courtney Love, der Sängerin, Gitarristin und Texterin, die selbst von selbstbewussten Rocksängerinnen wie Patti Smith oder Chrissie Hynde von den Pretenders beeinflusst war."

Mischung aus Aggressivität und Verletzlichkeit

So dreckig und tobsüchtig wie Courtney Love hätte zuvor noch keine Rocksängerin geklungen, meint Elsäßer, auch die Punksängerinnen nicht.
In Loves eindringlichen Texten geht es um Gewalterfahrungen, sexuelle Ausbeutung und Minderwertigkeitsgefühle - und das alles aus der Sicht einer jungen Frau. "Die Texte waren nach Aussage von Courtney Love oft auch von ihren Tagebucheinträgen beeinflusst", so Elsäßer.
Vier junge Frauen, gekleidet ausschließlich in Schwarz, mit exaltierten Posen. Sie stehen nebeneinander und frontal zur Kamera. 
Courtney Love (ganz links) mit ihrer Rockband Hole im Jahr 1998.© dpa / Photoshot
Die Mischung aus Aggressivität und Verletzlichkeit der Platte hält er für wegweisend: "Das war ein Bruch mit weiblichen Klischees." Auch zeitgenössische Musikerinnen wie Lana del Rey habe Love damit inspiriert, sagt Elsäßer.

Eine Übung in Krach

Hole war eine schlaue Band, führt Elsäßer weiter aus: So finden sich auf den Platten zahlreiche Zitate und Anspielungen, unter anderem auf die Musik von Neill Young. Dies und die Punk- und Metal-Einflüsse sprechen für das musikalische Wissen der Band.
Allerdings sei das Debütalbum dennoch "reiner Krach" - eine Anhäufung von verzerrten Gitarren, das mehrlagig gemischte Schlagzeug knalle und rumpele ohne Pause. "Courtney Love, die ja eine tolle Sängerin sein kann, schreit, kreischt und gurgelt."
So könne "man kann dieses Album eigentlich nur schön finden, wenn man Kopfschmerzen mag", sagt Elsässer. "Aber es sind immer wieder auch Klasse-Riffs darauf."
Erfolgreich wurde Hole daher auch erst mit dem Nachfolger "Live Through This", das deutlich melodisch angelegter war.
(huc)
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