Grüner Ralf Fücks über rechte Vordenker

Rechtspopulisten "gedanklich alles andere als originell"

06:50 Minuten
SYMBOLBILD: Teilnehmer der rechtspopulistischen Demonstration "Tag der Nation" des Bündnisses "Wir für Deutschland" ziehen am 03.10.2018 mit Deutschlandfahnen durch Berlin. Im Vordergrund eine große Deutschlandfahne, die Demonstranten im Gegenlicht.
Vertreter rechten Gedankenguts heute - welche die Ideen hinter Demonstrationen wie dieser am 3. Oktober 2018 in Berlin liefern - bedienen sich oftmals alter Vordenker, meint Ralf Fücks. © picture alliance / dpa / Michael Kappeler
Moderation: Ute Welty · 03.02.2020
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Rechtspopulisten könnten auf eine lange Liste längst verstorbener Vordenker zurückgreifen, deren Gedanken sie schlicht recyceln, meint der Grüne Ralf Fücks. Zu diesen gehöre etwa auch der Verhaltensforscher Konrad Lorenz - ein glühender Nationalsozialist.
Sind rechte Denker gerade wieder auf dem Vormarsch beziehungsweise gewinnen mit dem Erstarken des Rechtspopulismus die alten Vordenker wieder an Einfluss?
Für unseren Studiogast Ralf Fücks, geschäftsführender Gesellschafter des Zentrums Liberale Moderne in Berlin, steht fest: "Die heutigen Rechtspopulisten sind gedanklich alles andere als originell." Deren Weltanschauung und Programm sei "Recycling von alten Geschichten".

"Konrad Lorenz war überzeugter Nationalsozialist"

Neben Denkern wie Ernst Jünger, Carl Schmitt, Martin Heidegger oder Oswald Spengler zählt Fücks auch den österreichischen Verhaltensforscher Konrad Lorenz zu jenen rechten Gestalten, deren Gedankengut heute wiederaufbereitet wird.
Nobelpreisträger und Zoologe Konrad Lorenz an seinem Schreibtisch. Schwarzweiß-Fotografie um 1970.
Im Zwielicht: der berühmte Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz. Für Ralf Fücks ist auch er ein Vordenker der heutigen Rechten.© picture alliance / IMAGNO / Votava
Kaum jemand wisse, dass Lorenz "ein wirklich glühender, überzeugter Nationalsozialist" war, der eine sozialdarwinistische Weltanschauung vertrat – also, den Kampf ums Dasein. "Er hat zum Beispiel die Moderne mit ihrem Sozialstaat als die 'Verhausschweinung' des Menschen beschrieben." Mit "Verhausschweinung" habe er darauf angespielt, dass durch die soziale Fürsorge der Überlebensinstinkt, der Kampfwille und das Kriegerische abgetötet würden.
Dies sei weltanschaulich sehr typisch für weite Teile der Ultrarechten. "Und ich glaube schon, dass wir heute wieder in einer Phase sind, wo Nationalismus zunimmt. Und der geht ja wirklich davon aus, dass es einen Kampf ums Dasein zwischen den Völkern, global, gibt", sagt Fücks.

Die Argumentationsmuster der Rechten erkennen

Vielfach sei eine Wiederkehr vom Gedankengut aus den 20er-Jahren, etwa eines Carl Schmitt, zu beobachten. Dieser verbreitete in seinen Schriften, dass Liberalismus und Demokratie voneinander zu trennen seien. Demokratie und gleiche Rechte für alle seien für ihn ein Abweg gewesen. "Er ging sogar so weit zu sagen, Faschismus und Kommunismus können durchaus demokratisch sein."
Ralf Fücks im Porträt
Beschäftigt sich mit rechten Denkern: Ralf Fücks.© imago/Camera4
Was folgt daraus als praktische Handlungsempfehlungen gegen Rechts? Zunächst müsse es darum gehen, die Argumentationsmuster der Rechtspopulisten zu erkennen, so Fücks. Ebenso wichtig sei es aber auch, Antworten für jene zu finden, die sich durch die Globalisierung, Digitalisierung und alle ihre Begleiterscheinungen verunsichert fühlten – und genau dadurch den Rechtspopulisten zugetrieben würden.
(mkn)

Ralf Fücks ist geschäftsführender Gesellschafter des Zentrums Liberale Moderne in Berlin. Er war zuvor Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, wo er für die Inlandsarbeit der Stiftung sowie für Außen- und Sicherheitspolitik, Europa und Nordamerika verantwortlich war. Davor war Fücks Co-Vorsitzender der Grünen (1989/90) und Senator für Umwelt und Stadtentwicklung in Bremen. Er hat zahlreiche Bücher publiziert, im September erschien der Sammelband "Soziale Marktwirtschaft ökologisch erneuern".

Das Buch "Das alte Denken der Neuen Rechten – Die langen Linien der antiliberalen Revolte", herausgegeben von Ralf Fücks/Zentrum für Liberale Moderne (dort bestellbar), versammelt 16 Essays, die sich mit den Vordenkern der antiliberalen Revolte der 20er-Jahre bis heute auseinandersetzen. Entstanden ist der Sammelband im Rahmen des Projekts "Gegneranalyse".

Die gesamte Sendung mit Ralf Fücks können Sie hier hören:
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