Der deutsche Schriftsteller Dogan Akhanli war am Wochenende in Spanien festgenommen worden - weil in der Türkei ein Haftbefehl wegen eines Raubüberfalls aus dem Jahr 1989 gegen ihn vorliegt. Die Türkei will ihn vor Gericht stellen und hat deshalb einen "Dringlichkeitsvermerk", eine "Red Notice", an Interpol geschickt. Wenn das Land - so wie Spanien, wo Akhanli sich derzeit aufhält - dieser Bitte folgt, kann eine gesuchte Person festgesetzt werden, auch wenn es nicht einmal einen internationalen Haftbefehl gibt.

Das sei ein Missbrauch von Interpol, befindet Jan Philipp Albrecht, Europa-Abgeordneter der Grünen. "Vieles deutet darauf hin, dass Erdogan hier versucht, Interpol hier für seine politische Verfolgung zu nutzen", meint er. "Das muss Folgen haben für die Zusammenarbeit bei Interpol!"

Das Problem bei Interpol: Jedes Land handhabt das in eigener Verantwortung, es gäbe sehr wenig gemeinsames Vorgehen, sagt Albrecht. Stattdessen bräuchte es gemeinsame Standards und gemeinsame Regeln für den Umgang mit solchen Anfragen, fordert der Grünen-Politiker. Ihm geht es um den Grad der automatisierten Zusammenarbeit, um Vertrauen: Die Türkei sei schon "weit entfernt von vertrauenserweckenden demokratischen Strukturen, Erdogan hat dieses Land umgebaut - und daraus muss man Konsequenzen ziehen!".

Er fordert, Interpol wieder neutraler zu machen. "Die EU sollte nichts beitragen, anderen Ländern die Verfolgung von Dissidenten zu erleichtern!", sagt Albrecht.