Grüne im Wahlkampf

"Wer berät eigentlich Frau Baerbock?"

10:26 Minuten
Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin der Grünen, gestikuliert sehr stark bei einer Rede im Deutschen Bundestag
"Bescheidwisserin": Annalena Baerbock selbst habe den Anspruch hoch gesetzt, sagt Marc Brost. © imago / Political-Moments
Marc Brost im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 02.07.2021
Audio herunterladen
Die Grünen und ihre Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock werden im Wahlkampf besonders heftig attackiert. Der „Zeit“-Journalist Marc Brost hält das größtenteils für selbst verschuldet. Es mangele Baerbock an richtiger Beratung.
Ob leicht aufgebesserte biografische Angaben oder ein paar Sätze aus dem Internet in ihrem Buch: Seit Wochen sieht sich die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock diversen Vorwürfen ausgesetzt. Ihre Partei vermutet dahinter eine Kampagne, die von den eigentlich wichtigen Themen ablenke.
Marc Brost im Porträt
Der Politik-Chef der Wochenzeitung "Die Zeit", Marc Brost© Anatol Kotte
Dass es genau diese Themen gibt, sieht auch der "Zeit"-Politikchef Marc Brost so. Zum Beispiel den Klimawandel. Allerdings gelinge es der Partei momentan nicht, ihre "eigene Kampagne zu fahren". Bei der Debatte um höhere Benzinpreise habe sich das gezeigt. Die Grünen seien dabei von CSU und SPD als "Partei der sozialen Ungerechtigkeit" betitelt worden: "In dieser Kampagne wurde unterschlagen, dass die Grünen eigentlich ein Konzept der Gegenfinanzierung haben, aber von den Grünen kam nichts!", betont Brost.
Die Partei sei nicht in der Lage, jenen Menschen etwas zu sagen, die nicht genau wüssten, was die neue Klimapolitik bedeute. "Deswegen funktioniert der grüne Wahlkampf nicht, unabhängig von Popanz, Büchern oder anderen Dingen", so Brost.
Er sieht darüber hinaus ein Glaubwürdigkeitsproblem bei Baerbock. Sie selbst habe den Anspruch hoch gesetzt: "Sie ist die Politikerin, die es nicht nur besser machen möchte, sondern die auch besser Bescheid weiß. Sie ist die Bescheidwisserin im Team Habeck-Baerbock gewesen." Niemand habe sie gezwungen, ihren Lebenslauf ein bisschen aufzuhübschen oder ein Buch zu schreiben.

Die Grünen müssen ihr Thema selber setzen

Der Journalist geht davon aus, dass nach der Entscheidung für Baerbock als Kanzlerkandidatin und gegen den Co-Vorsitzenden Robert Habeck "ein kleiner Riss durch die Partei" gegangen sei:
"Ich glaube, was die Frage angeht, wer berät eigentlich Frau Baerbock, und wer rät Frau Baerbock zu was, dass da im Augenblick Fehler gemacht werden. Das ist das Entscheidende. Die Grünen müssen selber ihr Thema setzen, sie müssen selber schauen, wie sie die Bürger davon überzeugen, dass die Klimapolitik wichtig und richtig ist."
(bth)

Wir haben mit Marc Brost auch über die Reiseregeln in der Pandemie, den Nato-Abzug aus Afghanistan, die globale Mindeststeuer und den London-Besuch der Kanzlerin gesprochen. Das gesamte Gespräch hören Sie hier (AUDIO) .
Mehr zum Thema