Gründerzeit-Kongress

Grüne streiten über nachhaltiges Wirtschaften

Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir
Der Bundesvorsitzende Cem Özdemir will bemerkt haben, dass bei der Wirtschaft "viele längst grün ticken". © dpa picture alliance/ Diana Weschke
Von Anke Petermann · 13.06.2015
Die Grünen schärfen ihr Profil - auf mehreren Kongressen in den kommenden Wochen. Den Auftakt macht der Bundesvorstand in Mainz: Unter dem Motto "Die neue GRÜNderzeit" geht es um die Herausforderungen einer nachhaltigen Wirtschaft.
"Ich bin Qualitäts- und Umweltmanager eines großen Thüringer Konzerns",
der Carl Zeiss AG, sagt Bastian Stein und – mit Blick auf die Grünen:
"Wir sind ein kleiner Landesverband, und noch weniger Mitglieder von uns haben mit der freien Wirtschaft Berührung. Deshalb finde ich die Debatte sehr wichtig, die gibt's bei den Grünen noch nicht so lange, das ist ja eher ungewöhnlich für die Grünen."
Denn einst galten sie als Investitionsverhinderer und weniger als Begründer einer New Economy der Nachhaltigkeit.
"Aber ich gehör zu einem Kreis, dem das sehr wichtig ist, das wir darüber sprechen und das erwarte ich mir auch, dass wir die Debatte weiter führen, ehrlich führen und die Wirtschaft kein Gegner für die Grünen sein sollte, sondern ein Partner für die Energiewende und Umweltschutz."
Partner für Energiewende und Umweltschutz
Zur Ehrlichkeit gegenüber dem Partner müsse dazugehören,
"Dass Preise transparent sein müssen, auch die Emission von CO2. Dass das Preise sind, die ehrlich abgebildet werden müssen, was bisher nicht geschieht. Da müssen die Grünen im Vergleich zu anderen Parteien das ehrlich kommunizieren. Aber dass das auch eine nachhaltige Wirtschaft ermöglicht. Viele Arbeitsplätze werden ja auch durch Energiewende und Umweltschutz geschaffen."
Zum Beispiel in der Mikroskop-Herstellung bei Carl Zeiss. Die habe deshalb Konjunktur, weil Unternehmen so viel forschten, um leichte, Ressourcen schonende Materialien zu entwickeln.
Der grüne Bundesvorsitzende Cem Özdemir will bemerkt haben:
"Dass bei der Wirtschaft viele längst grün ticken, in Richtung runter mit CO2-Ausstoß, neue Geschäftsmodelle entwickeln, mit Energieeffizienz, mit Energiesparen, und das sind unsere natürlichen Partner."
Rohstoffsteuer für die Modernisierung
Die Grünen als umlackierte FDP? "Klientelpartei sind wir nicht" wehrt Özdemir ab. Man werde der Wirtschaft auch etwas zumuten, ergänzt Stein. Wie viel man ihr zumutet, darüber streitet der Kongress. Kohlendioxid-Ausstoß und Verbrauch von Ressourcen wie Kies und Sand konsequent zu besteuern, schlägt Robert Bednarsky vor:
"Alle Rohstoffe, die wir auf der ganzen Welt brauchen, müssen einen Besteuerungspreis kriegen. Und aus den Einnahmen können wir ökologisch modernisieren. Und sogar sozial umverteilen, damit auch die sozial Schwächeren die ökologische Lebensweise leisten können. Wenn ich mir das Anwachsen des CO2-Gehalts in der Luft nehme, dann müssten wir im Grunde den CO2-Gehalt abbauen, das heißt, Moore ansiedeln, Wälder pflanzen, Wälder pflanzen, Wälder pflanzen."
Umverteilen und besteuern - nicht unbedingt populär.
"Ich mach' keinen Wahlkampf, sondern ich denke selber,"
kontert Bednarsky knapp. Ob der Wirtschaft Stagnation oder sogar Degrowth – Wachstumsrücknahme - zu verordnen sei, auch darüber streiten die Grünen. Die einst als Investitionsverhinderer Geschmähten regieren heute das wirtschaftsstarke Baden-Württemberg.
Ringen um das Wachstumsdogma
Zum Verdruss mancher an der Basis setzt Ministerpräsident Winfried Kretschmann weiter auf Wachstum, behauptet aber, das lasse sich mittels verschärfter Grenzwerte vom Natur- und Ressourcenverbrauch entkoppeln:
"Oder es gibt Strategien wie die Elektromobilität, wie man moderne Technologien nach vorn bringt, die sehr viel weniger Umweltbelastung und Umweltverbrauch bedeuten. Bis hin eben zu einer Gründerkultur, die dazu dient, dass Menschen, die Ideen in der Richtung haben, auch Unternehmen gründen und ihre Ideen auch umsetzen können."
Das Gründerzeit-Forum – Profilschärfung im Vorgriff auf drei Landtagswahlen 2016 und die Bundestagswahl im Jahr danach? Kretschmann wehrt ab:
"Das ist ja schließlich unser Markenkern, und das hat erstmal mit Wahlkampf wirklich gar nichts zu tun. Die Partei muss sich ja ständig weiterentwickeln, muss auch wachsen in ihren Ideen, damit sie erfolgreich ist. Das gehört zum ganz normalen Geschäft dazu."
Da allerdings können auch die Wachstumsskeptiker dem Pragmatiker zustimmen: Für ihre Partei hätten die Grünen lieber Stimmenzuwachs als Stagnation.
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