Blockupy-Protest

    Zahlreiche Verletzte in Frankfurt am Main

    Ein Polizist geht gegen einen Demonstranten vor
    Ein Polizist geht gegen einen Demonstranten vor © dpa / picture-alliance / Boris Roessler
    18.03.2015
    In Frankfurt sind bei Ausschreitungen am Rande des Protesttages der kapitalismuskritischen Blockupy-Bewegung mehrere Menschen verletzt worden. Auch 88 Polizeibeamte sollen verletzt sein. Autos wurden in Brand gesetzt, Steine flogen.
    Bei den Zusammenstößen rund um die Eröffnung des neuen EZB-Gebäudes wurden nach Angaben der Polizei mindestens 88 Beamte verletzt, Aktivisten der kapitalismuskritischen Blockupy-Bewegung berichteten von zahlreichen Verletzten auch in ihren Reihen. Die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke ein. Randalierer warfen Pflastersteine und Böller gegen Wasserwerfer. Mehrere Menschen wurden festgenommen. Die Polizei nahm mehrere Gewalttäter fest und rund 550 weitere Randalierer vorübergehend in Gewahrsam. Sie sollen Straftaten begangen und randaliert haben. "Die Atmosphäre ist aggressiv", sagte Polizeisprecherin Claudia Rogalski.
    Brennende Polizeiautos
    Die Polizei war massiv gegen die Protestierer vorgegangen, nachdem im Umkreis des mit Polizeiabsperrungen und Nato-Draht aufwendig abgesicherten EZB-Geländes mehrere Brände gelegt worden waren. Aus der Menge der Demonstranten wurden Steine und Böller gegen Wasserwerfer geworfen. Nach Angaben der Polizei brannten am Morgen mehr als ein halbes Dutzend Polizeiwagen, die Randalierer hätten auch Feuerwehrwagen und Straßenbahnen mit Steinen attackiert. Die Feuerwehr sei am Löschen gehindert worden.
    An vielen Stellen gab es fantasievollere Arten des Protests zu sehen
    An vielen Stellen gab es fantasievollere Arten des Protests zu sehen, doch die Gewalt hat das eigentliche Anliegen übedeckt.© dpa / picture-alliance / Arne Dedert
    Im Frankfurter Ostend, wo die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Sitz hat, gab es kaum eine Straßenkreuzung, an der nicht Mülltonnen, Autoreifen oder Fahrzeuge brannten. Demonstranten versuchten, das weiträumig abgesperrte Gelände der EZB zu stürmen, wurden aber von der Polizei gestoppt.
    Blockupy: "So hatten wir den Tag nicht geplant"
    Blockupy-Sprecher Hendrik Wester sagte: "Das ist nicht so, wie wir von Blockupy den Tag geplant haben. Aber man muss auch feststellen, dass offensichtlich das Bürgerkriegsszenario, was die Polizei da aufgemacht hat, (...) von vielen Leuten als Herausforderung und als Provokation begriffen worden ist." Das Bündnis hoffe aber, dass die Lage nicht weiter eskaliere.

    Blockupy ist ein linkes, banken- und kapitalismuskritisches Bündnis aus mehr als 90 Organisationen. Darunter sind u.a. beispielsweise Attac, einige Gewerkschaften, die Partei Die Linke, Antifa-Gruppen, antirassistische und feministische Gruppen, sowie das linksradikale und kommunistische Bündnis "...umsGanze".

    Ziel ist es nach eigenen Angaben, gemeinsam "Demokratie und Solidarität von unten aufzubauen". Das Bündnis richtet sich gegen eine Haushaltspolitik, die vor allem einen ausgeglichenen Staatshaushalt anstrebt (Austeritätspolitik) sowie gegen die Krisenpolitik der "Institutionen" (früher Troika) aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB).

    Die rund 1,3 Milliarden Euro teure neue Zentrale der EZB im Frankfurter Ostend wurde plangemäß eingeweiht. "Das Gebäude ist ein Symbol für das Beste, was Europa gemeinsam erreichen kann", sagte EZB-Präsident Mario Draghi. In seiner Rede erwähnte er auch die Proteste am Rande der Veranstaltung. "Ich gehe davon aus, dass wir auch diejenigen mitnehmen können, die sich ausgeschlossen fühlen, einschließlich viele der Protestierenden, die in Frankfurt diese Woche zusammengekommen sind." Über die offizielle Eröffnung berichtete Michael Braun im Deutschlandradio Kultur.
    Politik verurteilt Ausschreitungen
    Das politische Anliegen der Demonstration geriet angesichts der Ausschreitungen völlig in den Hintergrund. Die Grünen forderten zu einem friedlichen Protest auf, befürwortet aber das grundsätzliche Anliegen des Protestes: "Die Europäische Zentralbank trägt als Teil einer demokratisch nicht legitimierten Troika eine Mitverantwortung für die ungerechte Krisenpolitik", teilte Grünen-Vorsitzende Simone Peter mit. "Protest gegen die EZB ist daher verständlich, aber die gewalttätigen Ausschreitungen verurteilen wir."

    "Friedlicher Zusammenstoß" zwischen der Polizei und einem Demonstranten
    "Friedlicher Zusammenstoß" zwischen der Polizei und einem Demonstranten© dpa / picture-alliance / Arne Dedert
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verurteilte die gewaltsamen Ausschreitungen ebenso. "Gewalt gegen Polizei oder Feuerwehr ist durch nichts gerechtfertigt", sagte Maas in Berlin. Jeder habe das Recht, Institutionen wie die EZB zu kritisieren. "Aber: Pure Randale überschreitet alle Grenzen im politischen Meinungskampf", sagte er. Wer das Demonstrationsrecht missbrauche, werde "die ganze Härte des Gesetzes spüren", sagte der Minister.
    CDU-Generalsekretär Peter Tauber verlangt, "dass sich Gewerkschaften und Parteien, die zu den Protesten aufgerufen haben, klar von diesen blindwütigen Gewaltexzessen distanzieren". Besonders Vertreter der Linkspartei betätigten sich "als verbale Brandstifter" und trügen "mit ihrer anheizenden Rhetorik im Vorfeld eine erhebliche Mitverantwortung" für die Ausschreitungen.
    EZB feiert, 10.000 wollen demonstrieren
    Vor dem weiträumig abgesperrten Gelände der EZB hatte eine Mahnwache von Kapitalismusgegnern zunächst ruhig begonnen. Die Polizei rechnet über den Tag mit mindestens 10.000 Demonstranten gegen die EU-Krisenpolitik. "Die EZB spielt mit Menschenleben", kritisierte "Blockupy"-Sprecherin Hannah Eberle in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. An der Demonstration nahm auch Katja Kipping, Voritzende der Linken, teil. Sie kritisierte das "Krisenregime, für das die EZB als Teil der Troika steht".
    (nch/tj)
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